Autorius: Max Roland Šaltinis: https://www.anonymousnews.org/... 2024-11-05 00:04:00, skaitė 106, komentavo 0
Finanzminister Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP
von Max Roland
Ein historischer Kniff soll die FDP retten – es hat ja schon einmal so funktioniert. Als „Wendebrief“ ging ein Rundschreiben an die FDP-Mitglieder vom 20. August 1981 in die Geschichte ein: Darin forderte der FDP-Bundesvorsitzende Hans-Dietrich Genscher in einem Brief an die FDP-Mitglieder eine politische Wende in Deutschland nach den Jahren der sozialliberalen Koalition unter SPD-Führung.
„Wendepapier“ wurde das kurz darauf folgende, viel bekanntere Schreiben von Otto Graf Lambsdorff genannt – der FDP-Wirtschaftsminister legte ein „Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ vor, das den Bruch mit der SPD schließlich finalisierte. Genscher kam seiner Entlassung und der seiner Parteifreunde aus dem Kabinett zuvor, indem er deren Rücktritt erklärte. Das anschließende Misstrauensvotum war ein Epochenbruch und leitete die Ära Kohl ein.
Heute sind die Vorzeichen anders. Der FDP geht es deutlich schlechter als damals – und das vermeintliche Scheidungspapier, das Lindner jetzt vorgelegt hat, kommt an Lambsdorffs Thesen nicht heran. Es ist vergleichsweise kurz und müde. Aus der Koalition wird dennoch Gift und Galle gespuckt.
Juso-Chef Türmer etwa wirft Lindner in einem sehr konstruierten Post auf X Verantwortungslosigkeit vor. Doch nicht das Beenden der Ampel ist verantwortungslos. Andersherum wird ein Schuh draus: Die Ampel ist längst die organisierte Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Land.
Der beste Moment, dieses Trauerspiel einer Koalition zu beenden, wäre schon vor Jahren gewesen – der zweitbeste wäre immer noch jetzt. Aber das geht nur ganz oder gar nicht. Und die notwendige Konsequenz scheint bei der FDP schon direkt wieder zu bröckeln. Während Lindner sein Papier vorlegt, schreibt Kabinetts- und Parteikollege Volker Wissing in der FAZ, ein Rückzug aus der Ampel wäre „respektlos“ gegenüber dem Wähler. Man müsse zu Ende regieren.
Das ist wirklich ein eigenartiges Verständnis von Respekt – immerhin wollte eine Mehrheit der FDP-Wähler von Anfang an keine Ampel und inzwischen will sie so gut wie kein deutscher Wähler mehr. Respekt vor dem Souverän würde bedeuten, die klare Stimmung im Volk endlich zu akzeptieren und ihr entsprechend zu handeln – und sich nicht hinter Polit-Floskeln über angebliche „Verantwortung“ zu verstecken.
Wissing schreibt weiter: „Regieren ist eine Dienstleistung. Und einen guten Dienstleister zeichnet aus, dass er nicht etwa erklärt, warum er einen Auftrag nicht weiter ausführen möchte, sondern dass er es schafft, auch unter schwierigen Bedingungen zu einem guten Ergebnis zu kommen.“ Doch die Ampel kann nicht mehr zu einem guten Ergebnis kommen. Viel zu tief sind die Gräben zwischen einander, und der Wahlkampf ist eigentlich schon eröffnet. Und SPD und Grüne bereiten sich darauf vor, im Wahlkampf noch weiter nach links oder zumindest weiter weg von der FDP abzudriften, als sie ohnehin schon sind. Diese Regierung ist am Ende und sie hat ihr politisches Kapital verspielt. Das haben auch die Wähler mehr als deutlich gemacht – insbesondere gegenüber der FDP, die drei Viertel ihrer Wähler verloren hat.
Kein Wunder – es wählt eben niemand eine bürgerlich-liberale Partei, um dann im rot-grünen Irrsinn aufzuwachen. Doch die FDP hat genau diesen Irrsinn möglich gemacht – und ist in Fällen wie dem des katastrophalen „Selbstbestimmungsgesetzes“ oder der völlig verbockten Cannabis-Gesetzgebung auch beschwingt den rot-grünen Weg mitgegangen. Es war immerhin auch Parteilinie. So scheint es auch schwer vorstellbar, dass die FDP mit dem gerade wirksam gewordenen „Selbstbestimmungsgesetz“ bricht. Dabei bräuchte es genau solche Brüche mit den linken Politik-Fehlgriffen der Ampel, um wieder glaubwürdig zu werden.
Vielleicht ist Wissings Gastbeitrag ja auch eine Finte und soll die Koalitionspartner in Sicherheit wiegen. Falls das so ist, ist er zumindest genau der richtige Mann dafür: Glaubwürdiger als von ihm, dem Ampel-Architekten, könnte sie nicht kommen. Wissing hatte schon in Rheinland-Pfalz eine Ampel-Koalition konstruiert und wurde 2021 als Generalsekretär installiert, um mutmaßlich genau das Gleiche im Bund umzusetzen. Die damalige Amtsinhaberin Linda Teuteberg, profilierte Vertreterin des klassisch-liberalen beziehungsweise rechtsliberalen Flügels der FDP, wurde dafür von Lindner abgesägt. Ein klarer, liberaler Kurs in ihrem Sinne wäre für die Partei besser gewesen.
Stattdessen ist die FDP in der Ampel zur linksliberalen Partei geworden. Man hat die Expansion des Sozialstaates, linksradikale Gesellschaftspolitik und illegale Staatsverschuldung mitgetragen – die Erfolge für den Liberalismus sollen hingegen das „Selbstbestimmungsgesetz“ und das katastrophal schlechte Cannabis-Gesetz sein? Was für eine hohle Idee von Liberalismus. Für eine linksliberale Partei gibt es in Deutschland ohnehin keinen Platz zwischen den Grünen und der CDU – erfolgreicher Liberalismus in Deutschland kann auf Dauer nur klar und bürgerlich sein.
Der Bruch mit Links, mit Dirigismus und Staatswirtschaft und mit den Dogmen ultralinker Gesellschaftspolitik muss daher so drastisch wie möglich kommen. Die FDP hat Glaubwürdigkeit radikal verspielt – sie kann sie sich nur radikal zurückholen. Doch den Mut dafür bringt Lindner in seinem Papier nicht auf. Welt-Kolumnist Don Alphonso schreibt: „Die Leute, die ,nie mehr FDP‘ sagen, wollen eine Kettensäge. Lindner liefert eine Nagelfeile.“
Es geht für die FDP jetzt nur noch ganz oder gar nicht – die Zeit der halbgaren Wiesel-Manöver, der leeren „Wenn, dann“-Ansagen und feigen Finten ist vorbei. Die Freien Demokraten können sich nur noch mit einer Kettensäge aus der Misere schneiden, in der sie stecken. Es braucht eine mutige FDP, die klaren Liberalismus vertritt – oder es braucht gar keine FDP mehr. Die Partei hat sich zum Steigbügelhalter linker Politik gemacht – und muss sich jetzt der radikalen Vernunft verschreiben, um zumindest noch eine Überlebensperspektive zu haben.
Dazu gehört eine Kampfansage an die Bürokratie, den Sumpf der regierungsnahen Nichtregierungsorganisationen, die Geldverschwendung, den überwucherten Wohlfahrtsstaat sowie an ideologische Irrwege und linksradikale Weltsichten aus dem Luftschloss. Und es braucht auch die harte Bereitschaft zur Opposition, wenn die wichtigen und richtigen Dinge nicht umgesetzt und verändert werden können. Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.
Das wäre, sicher auch mit Blick auf die Stimmung im Land, ein erfolgversprechender Weg – zumindest aussichtsreicher, als noch ein Jahr Ampel und damit ein letztes Jahr seiner politischen Existenz abzusitzen, bevor man 2025 als Sargträger des politischen Liberalismus in Deutschland Geschichte schreibt. Vielleicht ist dieses Resümee ohnehin schon unausweichlich – aber die Sache ist es wert, noch einen letzten, verzweifelten Versuch zu wagen. Einen klaren, bürgerlichen Liberalismus der radikalen Vernunft bräuchte es in dieser Republik aktuell mehr denn je.