Autorius: RT Šaltinis: https://de.rt.com/meinung/1766... 2023-08-01 16:21:00, skaitė 673, komentavo 0
"Nicht schwul genug" - so lautete das Motto einer Demonstration vor dem Parlament der Niederlande in Den Haag am 26. November 2019. Gibt es für die LGBT-Bewegungen überhaupt ein "genug"?
Von Tom J. Wellbrock
Zahlen für das Jahr 2022 belegen, dass es in den USA 1.640.000 Transgender-Personen älter als 13 Jahre gibt. Allein 340.000 Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren haben sich entschieden, Transgender-Personen sein zu wollen. Diese Zahlen dürften längst überholt sein, denn die Tendenz, sein Geschlecht – in welcher Form auch immer – ändern zu wollen, zeigt steil nach oben.
Waren all die Transgender-Personen in den USA angetrieben durch ihre individuelle Entscheidung?
Nehmen wir die Zahl der 340.000 Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren, die in den USA als Transgender-Personen gelten. Wäre diese Entscheidung eine individuelle gewesen, so muss das verwundern. Denn die Vermutung, im falschen Körper zu stecken, wird gesellschaftlich und medial sehr stark gefördert, um nicht zu sagen: beeinflusst.
Die Individual-Lüge
Kinder und Jugendliche haben es nicht immer leicht. Entwicklungspsychologische Veränderungen und das Drama der Pubertät führen zu inneren und äußeren Konflikten, die nicht immer gelöst werden können. Das ist manchmal bitter und führt zu Frust, Angst und auch Aggression. Es ist aber auch Teil der kindlichen und jugendlichen Entwicklung. Die Heranwachsenden müssen lernen, mit Problemen umzugehen, sie müssen verstehen, dass es nicht immer nach ihrem Willen geht, und müssen sich in der Kommunikation und dem Diskurs üben. Und sie müssen vor allem lernen, sich selbst so zu akzeptieren, wie sie sind.
Einen Ausweg aus dem Dilemma des Erwachsenwerdens gab es lange Zeit nicht. Und der Autor dieses Textes behauptet, dass Kinder und Jugendliche nicht von allein auf die Idee kommen, dass ihr Körper das Problem sei und sie einfach das Geschlecht ändern müssten, um Frieden und Glück in sich zu spüren. Natürlich hadern Heranwachsende oft mit ihrem Körper. Die Proportionen passen ihnen nicht, Pickel lassen sie sich hässlich fühlen, und diese verdammten Hormone spielen in einer Tour verrückt. Das sind keine Peanuts, es sind ernste Schwierigkeiten, die an der Psyche von Kindern und Jugendlichen nagen.
Doch kein Kind (mögliche Ausnahmen können hier vernachlässigt werden) kommt auf die Idee, diese Schwierigkeiten mit einer Geschlechtsumwandlung lösen zu wollen. Dafür ist ein "Hinweisgeber" nötig. Selten, sehr selten, sind das die Eltern, es sei denn, sie sind selbst so sozialisiert oder beeinflusst worden, dass sie diese vermeintliche "Alternative" ins Spiel bringen. Viel häufiger sind es Medien, Schule, mittlerweile sogar Kindergärten, die das Thema der Geschlechtsumwandlung ansprechen. Eine wichtige Rolle spielen die sozialen Medien. Und neuerdings auch Politiker.
Problematisch daran ist nicht nur, dass etwas thematisiert wird, das an den bereits genannten grundsätzlichen Schwierigkeiten Heranwachsender faktisch nichts ändert, sondern die psychischen und physischen Entwicklungen und empfundenen Defizite um einen weiteren Faktor künstlich erschwert. Schließlich gehen mit einer Geschlechtsumwandlung umfassende (oft auch) zermürbende Gedanken und körperliche Herausforderungen einher. Schwerer wiegt jedoch, dass der Wechsel zu einem anderen Geschlecht als Lösung der Probleme verkauft wird, mit denen der Heranwachsende zu kämpfen hat.
Tatsächlich ist die Geschlechtsumwandlung insbesondere bei Jugendlichen oder gar Kindern die Erschaffung eines weiteren Problems, das zu vermeiden gewesen wäre. Statt also mit den Schwierigkeiten des Heranwachsens oder Erwachsenwerdens zurechtzukommen und die daraus entstehenden Konflikte auszutragen, zu durchleben und an ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes – zu wachsen, wird eine Alternative konstruiert, die so etwas wie "Heilung" verspricht. Das Kind oder der Jugendliche empfindet sich als defizitär (was naturgemäß ohnehin häufig bei Heranwachsenden vorkommt) und hofft auf einen Ausweg. So entstehen der Wunsch und die Hoffnung, dass das persönlich empfundene Leid eliminiert werden könnte, wenn der Junge kein Junge und das Mädchen kein Mädchen mehr wäre.
Das ist ein fataler Trugschluss, der allein schon gravierend ist. Hinzu kommt die Frage, was die Zukunft bringen kann. Je früher das Kind oder der Jugendliche sich für eine Geschlechtsumwandlung entscheidet, desto weitreichender sind die Folgen, und je länger im neuen Geschlecht gelebt wird, desto komplexer wird das Problem, die früher einmal gefällte Entscheidung wieder rückgängig zu machen, sofern dieser Wunsch entsteht. Da die Idee der massenhaften Geschlechtsumwandlung noch recht neu ist, stellt sich zudem die Frage nach den langfristigen Auswirkungen, und zwar sowohl physisch als auch psychisch.
Zudem: Nahezu vollständig ignoriert werden Fragen nach medizinischen Komplikationen. Die Seite "Regenbogen-Portal.de", die von der Bundesregierung gefördert wird, schreibt im Glossar unter "Transition":
"Die Transition kann die Verwendung eines neuen Namens umfassen, die Veränderung des Kleidungsstils, die Anpassung des Geschlechtseintrags, medizinische Behandlungen (Hormone, Operationen) und anderes. Es ist individuell sehr unterschiedlich, welche dieser Maßnahmen eine transgeschlechtliche Person anstrebt und umsetzt oder umsetzen kann."
Unerwähnt lässt der Eintrag, was für Risiken die Behandlungen mit Hormonen und die Operationen mit sich bringen. Es wirkt fast ein wenig wie beim Ukraine-Krieg, in dem es – vertraut man deutschen Medien – überhaupt keine Opfer gibt, keine Verletzten, Verstümmelten und Traumatisierten. Doch nichts verschwindet, wenn man sich einfach die Augen zuhält. Studien haben gezeigt, dass rund 50 Prozent der Personen, die sich einer vollständigen Operation unterzogen haben, dies später bereuten. Diese Zahl ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, weil sie die Personen unberücksichtigt lässt, die sich die Entscheidung über eine OP später schönreden – auch, um nicht noch den inneren Kampf mit der falschen Entscheidung führen zu müssen oder weil es unerträglich schwer ist, seinem sozialen Umfeld sagen zu müssen, einst eine falsche Entscheidung getroffen zu haben.
Und last but not least: Die voller Überzeugung gehisste Regenbogenfahne und die von Politikern und Medien geäußerte Toleranz gegenüber Transgender-Personen sind beides nichts, was Bestand haben muss. Was also passiert mit den Betroffenen, wenn der politische Wind sich irgendwann dreht, wenn Transgender-Menschen womöglich (beispielsweise aufgrund Straftaten Einzelner) ein anderes Image bekommen? Die pauschale Verurteilung ganzer Bevölkerungsgruppen wäre in der Geschichte nun wirklich nichts Neues. Wenn also aus der Gruppe der jetzt schützenswerten Transgender-Personen irgendwann ein gesellschaftliches Feindbild wird, könnten die Konsequenzen für die Betroffenen verheerend sein.
Die Illusion der individuellen Entscheidung
Erweitern wir die Frage nach der Individualität von Entscheidungen um einen weiteren Bereich: den Ukraine-Krieg. Noam Chomsky hat kürzlich herausgearbeitet, dass es bei Kriegen vor dem aktuellen in der Ukraine nie die Begrifflichkeit der "unprovozierten Invasion" gegeben hat. Diese Wortschöpfung ist also neu, exklusiv reserviert für die Russen im Allgemeinen und für Putin im Besonderen.
Sehen wir uns darüber hinaus an, wie in Deutschland über den Ukraine-Krieg berichtet wird. Wer sich auf die klassischen und überall verfügbaren Medien verlässt, ist auf diesem Gebiet verloren. Vom "aggressiven völkerrechtswidrigen Krieg" ist die Rede, vom "brutalen Imperialismus Putins" und von der demokratischen und (unprovoziert) überfallenen Ukraine, die für unsere "Werte" kämpft.
Mit geradezu aufreizender Ignoranz wird die komplette Vorgeschichte des Krieges ausgeblendet, wird einfach nicht erzählt, und zwar nicht aus Unwissenheit, sondern mit Kalkül. Die Gegner Russlands verfolgen Ziele, und um diese zu erreichen, darf die erzählte Geschichte keinen Bruch in sich bergen. Aus militärischen oder geopolitischen Gesichtspunkten ist dieses Verhalten, wenn auch zutiefst verabscheuungswürdig, so doch nachvollziehbar. Wer legt sich schon selbst Steine in den Weg, die das Erreichen des Zieles erschweren oder gar unmöglich machen? Vermutlich niemand, der bei Verstand ist.
Doch die egoistischen Motive derer, die nicht daran interessiert sind, den Krieg zu beenden, sondern ihn möglichst lange am Laufen halten zu wollen, ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Perspektive aller betroffenen Menschen, und zwar der Menschen in der Ukraine, in Russland, in Deutschland und allen anderen Ländern der Welt. Wenngleich Annalena Baerbock nicht fassen kann, dass nicht überall auf der Erde ihre persönlich vorgetragene Einschätzung geteilt wird, so ist dies doch nur vernünftig, weil jedes Land seine eigenen Interessen hat, auf deren Grundlage die eingenommene politische Positionierung entsteht. Baerbock selbst muss man hier allerdings ausklammern, da sie ganz offenkundig weder ihre eigenen noch die Interessen der deutschen Bevölkerung im Sinn hat. Sie folgt einer Agenda, die ihr auferlegt wird, und vermutlich glaubt sie sogar, diese Agenda sei auch in ihrem Interesse. Dabei übersieht sie die Skrupellosigkeit der Beteiligten, womöglich deshalb, weil sie auch selbst so skrupellos ist. Aber das ist ein anderes Thema.
Wie auch immer, sieht man sich die deutsche Medienlandschaft an oder geht bei Google auf die Suche nach Stichworten wie Ukraine, Nord Stream oder auch LGBTQ, sind die Angebote ernüchternd bis deprimierend einseitig. Insofern mutet es beinahe surreal an, wenn man unterstellt, die eigene Meinungsbildung folge einer individuellen Entscheidung. Das wäre der Fall, wenn etwa die Tagesschau (oder welches Medium auch immer) klar mindestens zwei alternative Perspektiven benennen wollte und würde.
Beim Beispiel des Ukraine-Krieges würde das bedeuten, die wichtige Vorgeschichte mit einzubeziehen. Ohne diese Berücksichtigung historischer Ereignisse ist es schlicht nicht möglich, ein Bild zu vermitteln, das bei der Bevölkerung zu einer individuellen Beurteilung führen kann. Wichtig dabei ist die mediale Neutralität, von der wir in Deutschland jetzt "Lichtjahre" entfernt sind. Die Kunst besteht also darin, (mindestens) zwei Blickwinkel auf eine Problematik auszuleuchten und die dabei belegbaren Fakten wertfrei zu präsentieren. Nur so kann der Medienkonsument seine eigene Entscheidung treffen.
Die individuelle Fehlentscheidung
Von dem eben genannten Vorgehen mit verschiedenen Perspektiven sind wir bekanntlich weit entfernt. Doch es ist noch viel schlimmer. Die alteingesessenen Medien bieten nicht nur keine unterschiedlichen Blickwinkel mehr an, sie verurteilen es aufs Schärfste, wenn jemand anderes den Versuch unternimmt, dies zu tun.
Das macht die Sache mit der individuellen Entscheidung noch komplizierter, denn selbst wenn man sich von der Einseitigkeit von Politikern und Medien verabschiedet und den (durchaus anstrengenden) Versuch unternimmt, andere Erkenntnisse als die sowieso verbreiteten zu gewinnen, sichert das noch lange nicht die romantische Form einer individuellen Meinungsbildung. Denn ab jetzt wird sanktioniert, medial, gesellschaftlich, politisch, kulturell und – vor allem! – persönlich.
Das heißt nicht, dass es die individuelle Meinungsbildung nicht mehr gibt, es gibt ja auch laut allgemeiner Lesart die allgemeine Meinungsfreiheit. Beides ist aber – insbesondere, wenn man es nach außen kommuniziert – nur unter größten Anstrengungen durchzuhalten, weil der Gegenwind rau und kräftig ist. Das Gefährliche daran ist die Tatsache, dass die entsprechenden Sanktionen inzwischen als notwendig und legitim betrachtet werden. Als der Comedian Florian Schröder die pauschal als "Querdenker" bezeichneten Kritiker der Corona-Politik auf offener Bühne vorführte, sagte er damals, dass sie damit leben müssten und es nicht sanktionieren dürften, wenn er eine andere Ansicht vertrete als sie.
Man kann an Florian Schröder vieles kritisieren, aber in diesem Punkt hatte er recht, auch wenn die Methodik, wie er die Demonstranten vorführte, grenzwertig ist. Das Problem ist (und war schon damals), dass der Wunsch Schröders nur in eine Richtung funktioniert. Denn wir alle wissen, wie andersherum die "Querdenker" diffamiert, beleidigt, gefeuert, verunglimpft und beschimpft wurden. Noch schlimmer wurde es, als die "Impfgegner" ins Visier der herrschenden Politik und ihrer Medien gerieten. Sie schlecht zu behandeln und als Terroristen zu bezeichnen, galt über einen gewissen Zeitraum als akzeptiert und sogar notwendig.
Damit schließt sich der Kreis der irrigen Annahme von individueller Meinungsbildung. Die Kombination aus diffamierender Kritik und zahlreichen Formen der Sanktionierung nach dem individuellen Bilden einer eigenen Meinung wird in erheblichem Maße verstärkt durch die dünne Informationslage oder gar die gezielte Unterdrückung bestimmter Fakten zulasten eigener Interessen und der sich daraus ergebenden Erzählungen.
Unter Berücksichtigung der hier genannten Aspekte sollte man die 340.000 Transgender-Personen in den USA, die gerade einmal 13 bis 17 Jahre alt sind, vielleicht neu bewerten. Liegen hier 340.000 individuelle Entscheidungen junger Menschen vor, sich für ein anderes Geschlecht zu entscheiden? Das darf, das muss bezweifelt werden.
Und ist die Überzeugung vieler Deutscher, Russlands Krieg in der Ukraine sei die Folge einer "unprovozierten Invasion" aus deren individuellen Überlegungen entstanden? Das ist ebenso wenig der Fall wie bei der Kreation der "unprovozierten Invasion", die sicher nicht der individuellen Fantasie von Bürgern entsprungen ist.
Russlands Schutz der Jugend
Am Schluss zurück zum Ausgangspunkt dieses Textes: Die Behauptung, dass die Entscheidung für eine Geschlechtsumwandlung ein Zeichen individueller Freiheit sei, muss mindestens hinterfragt werden. Im besten Falle sieht man sich sehr viel genauer an, wie diese Zahlen von Geschlechtsumwandlungen zustande gekommen sind. Die Tatsache, dass damit eine Menge Geld verdient werden kann und die vermeintliche persönliche Entscheidung für eine Umwandlung des Geschlechts daher immer auch von außen beeinflusst wird und andere Interessen als das Wohl der betroffenen Menschen verfolgt, ist das eine. Das andere ist eine Überlegung, die ebenfalls Beachtung verdient. Es ist allgemein bekannt, dass der Westen und vornehmlich die USA massiven Einfluss in Russland und anderen Ländern ausüben, die ihrerseits der traditionellen Familie große Bedeutung beimessen.
Russland hat sich unter der Präsidentschaft Wladimir Putins stark an den Westen angenähert, wirtschaftlich und teilweise auch kulturell. Die wohlwollenden Reden Putins und der Wunsch nach einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur (inklusive des Wunsches gar nach einem NATO-Beitritt Russlands) haben das Bedürfnis nach Annäherung immer wieder eindrucksvoll demonstriert. Das hat auch innerhalb Russlands zu einer Hinwendung zum Westen geführt.
Besonders die russische Jugend ist von einem teilweise recht dominanten westlichen Bild geprägt worden. Es ist daher kaum verwunderlich, dass nach dem Beginn der Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges insbesondere Teile der russischen Jugend erbost waren, weil etwa beliebte westliche Produkte nicht mehr oder nur noch schwer zu bekommen waren. Ob es der Eistee ist, der nicht mehr zu kriegen ist oder der Pickel, der den Gesamteindruck eines jungen Gesichtes stört, in beiden Fällen haben wir es mit den Problemen von jungen Menschen zu tun, die sich noch mitten in der Entwicklung zum Erwachsenwerden befinden.
Sie sind leicht beeinflussbar, und während der Verzicht auf den westlichen Eistee zu verschmerzen ist (ein russischer Jugendlicher würde mir wahrscheinlich was husten, wenn er das hier lesen würde), ist die Geschlechtsumwandlung ein anderes Kaliber.
Man mag das neue russische Gesetz kritisieren oder als Eingriff in die individuelle Freiheit brandmarken. Ein klein wenig Empathie aber würde ausreichen, um zumindest Verständnis für diesen Schritt in Russland aufzubringen. Wenn man dann noch über die sogenannte individuelle Freiheit im Westen nachdenkt, fokussiert man seine Gedanken womöglich sogar weg von Russland und hin auf das eigene Land, das bestimmte Werte zwar stets feierlich auf das Podest hebt, in der Praxis aber weit entfernt von deren Realisierung ist.
Längerfristig betrachtet ist womöglich auch noch etwas anderes eine Beobachtung wert: Wie geht es den oben genannten amerikanischen Jugendlichen, die sich für ein Leben als Transgender-Menschen entschieden haben, in fünf oder zehn Jahren?
Man wird das abwarten müssen.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.