Autorius: Günther Strauß Šaltinis: https://www.anonymousnews.org/... 2022-10-12 15:20:00, skaitė 448, komentavo 0
Marco Modrow, Leiter der Weimarer Tafel, berichtet, was seine Einrichtung mit Ukrainern erlebt.
von Günther Strauß
Die Mitarbeiterin der Tafel im thüringischen Weimar muss sich vorgekommen sein wie im falschen Film: Eine aus der Ukraine geflüchtete Frau übergab ihr einen kleinen karierten Zettel, auf dem sie mit blauem Kugelschreiber fein säuberlich ihre Lebensmittelwünsche notiert hatte. Neben Käse, Quark und Joghurt begehrte sie unter anderem „Garnelen“, „Roten Kaviar“ sowie „Schwarzen Kaviar“.
Selbst wenn Kaviar in der Ukraine nicht unbedingt als Luxusspeise gilt – der skurrile Einkaufszettel, über den jetzt der MDR berichtete, sorgte bei der Tafel in Weimar für großen Unmut. Und es ist beileibe nicht der einzige Aufreger im Zusammenhang mit dem Auftreten ukrainischer Flüchtlinge.
Tafel-Chef Marco Modrow erklärte in einem auf mdr.de abrufbaren Interview, etliche Tafel-Gäste aus der Ukraine seien pikiert, „dass man sich bei uns anstellen muss, dass man einen Ausweis beantragen muss, dass man warten muss“. Deshalb sei es immer wieder zu Konflikten gekommen. Auch habe es Ärger gegeben, wenn mal ein Apfel eine Druckstelle hatte oder das Mindesthaltbarkeitsdatum fast erreicht war. Die ukrainischen Gäste hätten sich dann „schlecht behandelt“ gefühlt.
Die ehrenamtliche Tafel-Mitarbeiterin Steffi berichtete, dass sie sogar einmal mit einem Salatkopf beworfen worden sei, der ein wenig welk war. „Wir werden hier fast täglich angepöbelt, weil jemandem irgendetwas nicht passt“, erklärte sie und ergänzte: „Das haben wir bei den Syrern nie erlebt.“
Fast schon als Provokation empfinden es die Tafel-Leute, wenn Ukrainer die üblichen zwei Euro Obolus für einen Lebensmittel-Einkauf mit einem Geldbündel in der Hand bezahlen und einen 100-Euro-Schein auf den Tisch legen.
Für Kopfschütteln bei Stammkunden und Mitarbeitern sorgt auch, dass auf dem Parkplatz der Einrichtung, in der Essen-Spenden von Supermärkten, Bäckereien oder Lebensmittelherstellern an arme Menschen verteilt werden, neuerdings auch leistungsstarke, nicht gerade billige Autos stehen. Der MDR zitiert eine Mitarbeiterin: „Manchmal kommt man kaum noch durch. Große, teure Autos sind dabei und alle haben ukrainische Nummernschilder. Man muss doch nicht mit dem SUV zur Tafel fahren!“
Tafel-Leiter Modrow erklärte dazu, es sei klar, dass viele Ukrainer in ihrem privaten Auto vor dem Krieg geflüchtet seien und damit nun in Deutschland fahren. „Aber wir sind ein öffentlicher Raum, und dann kriegen das natürlich alle anderen mit, die in der Schlange stehen. Das erzeugt dann schon einen gewissen Unmut.“ Die Leute würden die Bedürftigkeit der ukrainischen Flüchtlinge anzweifeln. Die Vorsitzende der Tafeln Thüringen, Beate Weber-Kehr, sagte dazu dem MDR: „Die Tafeln sind in erster Linie da, um Menschen in Not zu helfen. Deshalb muss man da schon mal nachfragen dürfen.“
Marco Modrow stellte klar, es sei völlig unzweifelhaft, dass den Menschen aus der Ukraine hier vor Ort schnell und unkompliziert geholfen werden müsse. Aber auch sie sollten zu Kompromissen bereit sein. „Wir haben zehn Betten mit Matratzen geliefert für mehrere Wohnungen. Da sind dann meine Mitarbeiter unverrichteter Dinge zurückgekommen und haben gesagt: ‚Die wollen das nicht‘“ Auch das Angebot, in ein voll ausgestattetes Wohnheim mit Verpflegung außerhalb Weimars zu ziehen, sei auf Ablehnung gestoßen. „Es war niemand bereit, dort hinzugehen.“ Der Tafel-Chef in einem fast schon resignierenden Ton: „Da bin ich etwas ratlos“.
Nach den Erfahrungen der letzten Monate, resümiert Modrow, stelle sich die Frage, ob es jeder Ukrainer nötig hat, „aus finanzieller Sicht zur Tafel zu gehen“ – selbst wenn diese Menschen aus der Ukraine fliehen mussten. Diese Frage müsse man sich stellen, auch wenn sie politisch längst beantwortet ist.
Denn seit 1. Juni 2022 werden erwerbsfähige ukrainische Frauen und Männer und ihre Familien vom Jobcenter betreut und haben Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen – ohne dass ihre Vermögenssituation geprüft wird, wie das in Deutschland normalerweise üblich ist. Damit hätten sie „auch das Recht, zur Tafel zu gehen“, so Modrow.