Volles Rohr Sanktionen? Wagenknecht warnt in Debatte um Nord Stream 2 vor Heuchelei

Autorius: SputnikNews Šaltinis: https://de.sputniknews.com/pol... 2020-09-07 09:01:00, skaitė 880, komentavo 0

Volles Rohr Sanktionen? Wagenknecht warnt in Debatte um Nord Stream 2 vor Heuchelei

Die ehemalige Linken-Fraktionschefin im Bundestag Sahra Wagenknecht hat in der Debatte um mögliche Strafmaßnahmen gegen Russland wegen des Falls Nawalny vor Heuchelei gewarnt. Demnach muss die Sanktionspolitik gegenüber allen Handelspartnern gleich bleiben – sie verwies auf schwere Verstöße vonseiten Saudi-Arabiens und der USA.

Wagenknecht erklärte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, wer mit Verweis auf Nawalny ein Aus für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 fordere, müsse alle anderen Rohstofflieferanten Deutschlands nach den gleichen Kriterien bewerten und auch da Konsequenzen verlangen. „Alles andere ist Heuchelei.“

Einen Oppositionspolitiker mit dem Nervengift Nowitschok zu vergiften, sei ein abscheuliches Verbrechen.

„Aber selbst wenn der Kreml dafür verantwortlich sein sollte (wofür es bisher keine Belege gibt), ist es auch nicht abscheulicher, als Oppositionelle zu köpfen oder zu Tode zu peitschen, wie es in Saudi-Arabien, von dem wir Öl beziehen, gängige Praxis ist“, so die Bundestagsabgeordnete und führt das nächste Bespiel an. „Es ist auch nicht abscheulicher, als unschuldige Zivilisten mit Drohnen zu zerfetzen, wie es die Vereinigten Staaten, die uns ihr Fracking-Gas liefern, in weit mehr als tausend Fällen getan haben.“

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 soll russisches Gas nach Deutschland bringen - nach der Vergiftung Nawalnys ist eine Debatte entbrannt, ob das Vorhaben gestoppt werden sollte. Außenminister Heiko Maas sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich hoffe nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern.“ Maas betonte aber auch, dass ein Stopp der fast fertig gebauten Pipeline auch deutschen und europäischen Firmen schaden würde.

Scharfe Kritik der Linken

Auch andere Parteigrößen der Linken haben in dieser Debatte bereits Stellung bezogen. Oskar Lafontaine kritisierte das Statement der Bundesregierung zum Fall Nawalny als „erbärmliche Heuchelei“, wonach der Kremlkritiker Alexej Nawalny vergiftet und Opfer eines Vebrechens geworden sei.

Der Politiker bezweifelte, dass die Bundesregierung moralisch berechtigt sei, solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen. Schließlich habe sich die deutsche Regierung an völkerrechtswidrigen Kriegen selbst beteiligt, schrieb Lafontaine in einem Facebook-Beitrag.

Gregor Gysi warnte indes vor einer Vorverurteilung Russlands. „Wir wissen doch gar nicht, wer der Täter war“, sagte Gysi in der Freitagsausgabe von „MDR Aktuell“. Ihm zufolge muss Russland eine Chance zur Aufklärung gegeben werden. Die Vermutung, der russische Präsident Wladimir Putin könnte hinter dem Anschlag stecken, tat der Politiker als abwegig ab.

„Was soll er denn für ein Interesse daran haben?“, sagte Gysi. Putin wisse doch, dass das die Beziehungen zum Westen verschlechtere. Der russische Staatschef müsste besonders dämlich sein, wenn er das angeordnet hätte, so der 72-Jährige.

Fall Nawalny

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Reihe vergiftet worden sei.

Moskau bezweifelt, dass Nawalny vergiftet wurde, und will Informationen darüber erhalten, welche Substanz genau bei dem Oppositionellen gefunden wurde. Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte deshalb in der vergangenen Woche ein Rechtshilfegesuch an Deutschland gestellt. Moskau hatte wiederholt betont, bei der Aufklärung des Falls zusammenarbeiten zu wollen.

Der russische Regierungskritiker hatte am 20. August auf einem Flug von Tomsk nach Moskau das Bewusstsein verloren, woraufhin er in ein küstliches Koma versetzt wurde. Nach anfänglicher Behandlung in einem Omsker Krankenhaus wurde Nawalny auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Nach Angaben der Charité ist sein Gesundheitszustand weiterhin ernst.

mka/dpa/sna/gs