Autorius: RT deutsch Šaltinis: https://deutsch.rt.com/inland/... 2016-10-10 07:18:54, skaitė 1502, komentavo 0
Kampf gegen "Hatespeech" oder Hetze auf unterirdischem Niveau ist deutschen Sicherheitsbehörden ein Herzensanliegen. Allerdings nur, wenn diese sich gegen Personen und Gruppen richtet, die der politisch-mediale Komplex selbst für schützenswert hält.
von Zlatko Percinic
Bestimmt haben die meisten von uns in den letzten Monaten etwas über sogenannte Hasspostings oder Hatespeech (Hassrede) im Internet gehört. Gerade in Chats und sozialen Netzwerken, wo man sich sehr oft mit einem ausgedachten Namen anmelden und auf diese Weise auch kommunizieren kann, missbrauchen leider auch viele diese vermeintliche Anonymität, um mal so richtig "die Sau rauszulassen". Verbal natürlich. Man kann nach Belieben beleidigen, mobben, Perversionen ausleben oder sich eben auch über Dinge auszutauschen, die normalerweise verboten wären. Und das alles, ohne jegliche Konsequenzen fürchten zu müssen, die einem im realen Leben drohen würden.
Das denken zumindest viele. Dann gibt es auch die anderen, die das Gleiche tun, sich aber nicht im Dunst der Anonymität verstecken möchten. Ob es in solchen Fällen eine gewisse Art von zur Schau gestelltem Mut ist oder einfach nur Dummheit, kann und muss jeder für sich selbst beurteilen.
Es versteht sich von selbst, dass unter "Hasspostings" oder "Hassrede" jeder etwas Anderes versteht. Abhängig davon, aus welchem Kulturkreis, aus welchem Land, sozialem Hintergrund oder selbst aus welcher Stadt und welchem Bundesland einer kommt, kann das, was für den einen ein Hassposting ist, für den anderen hingegen etwas völlig Normales sein. Deshalb ist das Bundesministerium des Inneren hergegangen und hat Begriffe wie "Hasspostings" oder eben "Hatespeech" wie folgt definiert:
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich diesbezüglich relativ klar und deutlich geäußert:
Gewalt - auch sprachliche Gewalt - in welcher Form und in welchem Zusammenhang auch immer ist nicht zu akzeptieren. In unserer offenen Gesellschaft, in unserer Demokratie gibt es keinen einzigen Grund, Menschen mit Hass zu begegnen, sie zu beleidigen und zu verängstigen. Wir haben moralische Grundsätze - offline wie online. Wer diese Grundsätze auf unerträgliche Weise und mit unterirdischem Niveau fortwährend verletzt, bereitet zugleich den Stimmungsboden für reale Gewalt. Das sollte sich jeder klarmachen. Es gibt auch keine rechtsfreien Räume in unserem Land. Auch das Strafrecht gilt im Internet.
Auf jeden Fall hat die deutsche Regierung diese Sache mit den Hasspostings zur Chefsache erklärt. Das Bundesministerium des Inneren lancierte deshalb ein eigens dafür geschaffenes Projekt, das über Twitter und Facebook mit dem "Hashtag" #nohatespeech beworben wird. Selbst die Polizei wurde am 12. Juli 2016 aufgeboten, um - unter Koordination des BKA - in 14 Bundesländern gleichzeitig "Hasspostings zu bekämpfen". Ziel der "Bekämpfung" war es, "Bürger und Täter" für dieses Thema zu "sensibilisieren". Mit der "länderübergreifenden Aktion" wollte die Regierung einem "stark zunehmenden Verbalradikalismus entschlossen entgegentreten und ein Zeichen setzen."
Alles klar also. Innenminister de Maizière stellte fest, dass es "keinen einzigen Grund gibt, Menschen mit Hass zu begegnen, sie zu beleidigen oder zu verängstigen". Und laut den Definition des Innenministeriums sind Hasspostings "Beiträge im Internet, die Bedrohungen, Nötigungen, Verunglimpfungen, extremistische Inhalte sowie unverhohlene Aufrufe zu Straf- und Gewalttaten enthalten." Nur um es einfach nochmal rekapituliert zu haben.
Ist es aber auch in der Praxis so klar, wie es uns das Innenministerium darstellen möchte?
Auf jeden Fall haben einige Bundesländer beziehungsweise Großstädte so genannte "Internetwachen" errichtet, an die sich besorgte Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen wenden können. Explizit auch, wenn es um Hasskriminalität, Hasspostings, Hatespeech geht oder wie auch immer man Postings mit "unterirdischem Niveau" beschreiben möchte.
Hier hört die Umsetzung der Theorie in der Praxis aber bereits auf. Denn obwohl alles doch eigentlich klar vom Innenministerium (BMI) definiert wurde, dieses sogar eine eigens dafür eingerichtete Internetseite online gestellt hat, widerspricht sich das Ministerium das eine ums andere Mal bezüglich der konkreten Frage, was denn jetzt unter die Kategorie "Hatespeech" fällt. Einmal heißt es, es "gibt keine allgemein gültige Definition", dann gibt es vielleicht doch so etwas wie eine Definition, die "in etwa so" gehen könnte. Einen Tag später scheint dann der verantwortlichen Person beim BMI doch wieder eingefallen zu sein, wie Hatespeech definiert wird.
Nicht anders sieht es beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus. Einmal heißt es, es "gibt keine eindeutige Definition, dafür aber das Strafgesetzbuch", nur um dann zwei Stunden später doch eine solche zu geben.
Auf den durchaus berechtigt erscheinenden Vorwurf der Willkür reagierte man dann etwas gereizt:
Von Willkür kann keine Rede sein. Unsere Definition von Hatespeech: https://no-hate-speech.de/de/wissen/."
Um sowohl die Bürger als auch die Täter vollends zu verwirren, die man doch eigentlich zu diesem Thema sensibilisieren wollte, ließ sich das BMI sogar noch zu dieser Wischiwaschi-Erklärung hinreißen: Man "spricht sich gegen Hatespeech aus, egal ob strafbar oder nicht. Jeder darf seine Meinung äußern, aber sachlich und ohne Angriffe." Wer aber entscheidet, ob eine freie Meinungsäußerung a) überhaupt ein Hassposting ist und ob sie b) sachlich ist oder nicht?
Noch zusätzlich in die Ecke getrieben ob dieser schwammigen Aussage, erklärte das BMI noch:
Hatespeech ist kein juristischer Begriff. Aber darunter fallen strafbare Taten wie Beleidigung, Drohung, Volksverhetzung."
Ja, was denn nun? Gibt es eine allgemein gültige Definition von Hasspostings/Hatespeech, die vom Innenministerium statistisch als "Hasskriminalität" erfasst wird, wie es in offiziellen Verlautbarungen werbewirksam unters Volk gebracht wird? Justizminister Heiko Maas hat auf alle Fälle schon mal vorsorglich einen Strafkatalog für Hasskriminalität und die dazugehörige "Task Force" zusammenstellen lassen:
Was dabei allerdings auffällt, ist, dass es sich bei diesen Beispielen, die Minister Maas nennt, entweder um antisemitische Hetze oder Beleidigungen gegen sogenannte Respektspersonen handelt. Oder überspitzt gesagt: um Nazis und den Mob. Auch der Polizeieinsatz vom 13. Juli 2016 war trotz der verheißungsvollen Beschreibung als "Bundesweiter Einsatztag zur Bekämpfung von Hasspostings" nichts weiter als ein gewöhnlicher Einsatz gegen Rechtsextreme, die sich mit Antisemitismus und Nationalsozialismus beschäftigt haben. Selbst wenn es jetzt anmaßend klingt, aber mehr war es halt eben auch nicht. Dieser Einsatz hatte aber auch rein gar nichts mit dem zu tun, wovon Innenminister Thomas de Maizière sprach. Oder von wegen "Sensibilisierung" von Bürgern und Tätern.
Um etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen, habe ich einen kleinen Test unternommen. Ich habe ein paar Twitter-Highlights des BILD-Redakteurs Julian Röpcke ausgewählt, die gemäß der vom BMI erlassenen Definition und dem gesunden Menschenverstand nach absolut als Hasspostings/Hatespeech gelten sollten - so richtig mit unterirdischem Niveau halt, wenn ich die Worte von Thomas de Maizière an dieser Stelle benutzen darf -, und diese sowohl dem Bundesministerium des Innern als auch der Polizei Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) übermittelt. Und dazu - mit Ausnahme der DGAP, aber dazu später mehr -natürlich ein paar einfache Fragen gestellt:
• Gehören diese Twitterpostings von Herrn Röpcke Ihrer Einschätzung nach in die Kategorie "Hatespeech"?
• Gehört Julian Reichelts [Vorgesetzter des Herrn Julian Röpcke bei der BILD, d. Red.] Zustimmung zur Aussage des ehemaligen Stellvertretenden CIA-Direktors Michael Morell, in welcher dieser die Ermordung von "Russen und Iranern in Syrien" als Lösungsansatz fordert, in die Kategorie "Hatespeech"?
• Falls nicht, bitte um Begründung, warum nicht.
Das war's. Mehr wollte ich nicht wissen. Einfach nur hören, ob Reichelts ganz offensichtliche Freude über die Aussicht von Attentaten an Iranern und Russen in Syrien, noch etwas mit freier Meinungsäußerung zu tun haben. Oder ob Röpckes Aufrufe zum Massenmord in Syrien, Prahlerei mit al-Qaida und persönliche Beleidigungen uvm. als Hasspostings gelten. Und wenn nicht, weshalb nicht.
Die Antworten fielen, sagen wir mal ernüchternd aus.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte:
Bei der von ihnen zitierten Äußerung des Ministers sowie den auf der gleichen Linie liegenden Äußerungen unseres Hauses auf Twitter handelt es sich um politische Äußerungen in Ausübung der Zuständigkeit des BMI für das Thema 'gesellschaftlicher Zusammenhalt' und nicht um rechtliche Bewertungen justizieller Art, zu denen das BMI als Teil der Exekutive auch nicht berufen ist. Aus diesem Grund sieht das BMI auch weder Veranlassung noch Grundlage für eine Bewertung einzelner von Ihnen zitierter Tweets, wofür ich um Ihr Verständnis bitte.
Mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden, hakte ich nach. Ich bat den Sprecher nochmal, keine "rechtliche Bewertung justizieller Art" vorzunehmen, sondern einfach nur eine "Einschätzung" abzugeben, ob oder ob solche Tweets der beiden BILD-Redakteure nicht in die vom BMI definierte Kategorie Hasspostings/Hatespeech gehören. Also eine Aussage ohne jegliche strafrechtliche Konsequenz für Röpcke und/oder Reichelt.
Dazu hieß es aus dem Bundesinnenministerium nur noch:
Vielen Dank für Ihre Nachfrage. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir ein (sic!) Einschätzung zu Einzelsachverhalten nicht vornehmen.
Fassen wir also zusammen: Das Bundesinnenministerium und auch der Bundesinnenminister selbst haben die Gefahr der Hasspostings im Internet erkannt und benannt; haben Projekte zur "Sensibilisierung von Bürger und Täter zu diesem Thema" initiiert; haben eine logisch eigentlich soweit nachvollziehbare Definition dieser Unterkategorie der "Hasskriminalität" veröffentlicht; haben zusammen mit der Polizei Berlin eine Art Werbevideo gedreht und auf Twitter veröffentlicht, in welchem erklärt wird, dass exakt solche Tweets, wie sie Röpcke zuhauf vom Stapel lässt, über die "Internetpolizei" der jeweiligen Bundesländer gemeldet werden sollen.
Fragt man aber nach, erklärt einem das gleiche Ministerium, dass es sich bei dem ganzen Wirbel um Hasspostings/Hatespeech lediglich um "politische Äußerungen" zum Thema "gesellschaftlicher Zusammenhalt" handelt? Starker Tobak.
Natürlich hat der Sprecher diesbezüglich Recht, dass das BMI als Teil der Exekutive keine Befugnis hat, einzelne Sachverhalte "rechtlich zu bewerten". Das ist die Aufgabe der Polizei und Staatsanwaltschaft, beziehungsweise der Justiz. Aber mit dieser Aussage stiehlt sich das BMI auch aus der Verantwortung. Man gibt offen zu, dass an diesem Schinken kein Fleisch dran ist. Das erklärt auch die widersprüchlichen Aussagen des Ministeriums über Twitter (an einem Tag gibt es eine Definition von Hasspostings, am nächsten dann wieder nicht). Allerdings hatten sie mit einer Aussage recht: Hatespeech ist kein juristischer Begriff.
Und genau hier liegt aber die Verantwortung des Bundesinnenministeriums. Wenn man sich Sorgen um die Hasskriminalität im Internet macht, dann ist es die Aufgabe des Ministeriums, entsprechende Gesetze zu formulieren und zu verabschieden. Aber mit dem, was hier gemacht wurde, macht sich das BMI zum Gespött – und ein Blick auf Twitter zeigt das überdeutlich - genau jener Bürger, die es doch eigentlich zu diesem Thema sensibilisieren wollte.
Wie weiter oben erwähnt, habe ich die gleiche Anfrage auch dem "Werbepartner" des BMI, der Polizei Berlin, übermittelt. Hier ihre Antwort:
Wie Sie bereits festgestellt haben, ist der Begriff #hatespeech nicht eindeutig definiert und umfasst auch Internetbeiträge, die sich unterhalb oder im Grenzbereich der Strafbarkeit bewegen. Die von Ihnen beispielhaft übersandten Tweets wurden durch unseren Polizeilichen Staatsschutz geprüft, eine Strafbarkeit ist nicht gegeben. Ob es sich um #hatespeech im Sinne der Kampagne des BMI handelt, erfragen Sie am besten direkt beim BMI.
Hinsichtlich dieser Aussage kommt Art. 103 Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes zum Zug, in welchem es heißt, eine Tat könne nur bestraft werden, wenn "die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde."
Da haben wir dieses Dilemma wieder. Nachdem es keine juristische, beziehungsweise gesetzliche Definition von Hasspostings/Hatespeech gibt, kann auch niemand dafür bestraft werden.
Ausnahme bilden die vom BMI immer wieder genannten, definierten Straftatbestände wie Volksverhetzung, Beleidigung, Verunglimpfung des Bundespräsidenten oder staatlicher Organe und das Kernstück der Bedrohung des Staates, Nationalsozialismus und Terror. Und wer entscheidet schließlich, was ein strafrechtlich relevantes Hassposting ist? Vier Beamte im Staatsschutz, sogenannte "Internet-Auswerter".
Und was noch viel besser ist: Sie werden von tausenden Bürgerinnen und Bürger unterstützt, die das, was ihrer Meinung nach ein Hassposting oder Hatespeech darstellt, der Polizei über die "Internetwachen" übermittelt. Ist das nicht genial?
Für Julian Röpcke & Co bei der BILD bedeutet das - solange sie sich nicht in antisemitischer Art und Weise äußern und nicht offen mit Nazis im Inland sympathisieren -, dass sie ungehindert exakt die moralischen Grundsätze, von denen Innenminister Thomas de Maizière sprach, offline wie online mit Füßen treten dürfen. Sie dürfen "diese Grundsätze auf unerträgliche Weise und mit unterirdischem Niveau fortwährend" verletzen, und bereiten so "zugleich den Stimmungsboden für reale Gewalt". Ganz ehrlich? Das ist meiner Meinung nach schon ein makabres Schauspiel.
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik
Weiter oben habe ich auch den einflussreichen Think Tank DGAP im Zusammenhang mit Julian Röpcke und Hasspostings erwähnt. Grund dafür war eine Veranstaltung am 13. September 2016 zum Thema "Medienfreiheit in der Ukraine", zu der die DGAP auch Herrn Röpcke als Referenten geladen hatte.
Ich muss zugeben, ich war total überrascht, als man mich darüber informiert hatte. Über die Pressefreiheit diskutiert ein Mann, der Kontakte zum ukrainischen AZOV-Bataillon pflegt, einer erwiesenermaßen durch und durch antisemitischen Kampftruppe unter der Führung des Neonazis Andriy Biletskiy, welche mittlerweile offiziell in die ukrainische Armee integriert wurde? AZOV, die einen Führerkult um Biletskiy betreiben, Fackelläufe unternehmen, der Regierung in Kiew drohen, Kindern in Sommercamps den Umgang mit Waffen beibringen und ganz nebenbei in ihre Ideologie indoktrinieren? Dieses AZOV also, welches Julian Röpcke zusammen mit dem Deutschen Thomas C. Theimer - der in Kiew lebte und Autor bei der im Westen äußerst beliebten Propagandaseite "Euromaidan Press" war und von dem man u.a. solche Kommentare zu lesen bekommt - in Kiew besuchte, und als "liberal" verharmloste?
Das konnte ich mir wahrlich nur schlecht vorstellen. Also schickte ich auch der DGAP dieselbe Sammlung von Tweets ihres Referenten Julian Röpcke, und wollte wissen, wie das so alles zusammenpasst. In der Satzung der DGAP heißt unter §2 Absatz 2:
Zweck der Gesellschaft sind die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie der Erziehung und Bildung in internationalen und europäischen politischen Fragen und die Förderung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens.
Insbesondere der letzte Satz, "Förderung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens", hatte es mir angetan. Also habe ich folgende Fragen formuliert und um eine Antwort des DGAP gebeten:
1. Was hat Herrn Röpcke als Referenten für das Thema "Pressefreiheit in der Ukraine" qualifiziert?
2. Wie passt die Tatsache (siehe PDF-Datei im Anhang), dass sich Herr Röpcke öffentlich als Sympathisant des ukrainischen Neonazi-Bataillons "AZOV" ausgibt, AZOV sogar als "liberal" verharmlost und Kontakte zu dem schwedischen Neonazi und ehemaligem AZOV-Scharfschützen Mikhail Skilt unterhält, mit dem Zweck der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) zusammen?
3. Wie passt die Tatsache, dass Herr Röpcke auf Twitter zum Massenmord in der syrischen Hauptstadt Damaskus aufruft, den amerikanischen Angriff auf syrische Truppen am 17.9. bejubelt und die Regierungssoldaten als Terroristen bezeichnet, mit dem Zweck der DGAP zusammen?
4. Wie passt die Tatsache, dass Herr Röpcke auf Twitter mit "unterirdischen" Hasskommentaren - um die Bezeichnung von Innenminister Thomas de Maizière zu zitieren – all jene denunziert, die nicht seiner Meinung sind, mit dem Zweck der DGAP zusammen?
5. Hat die DGAP Kenntnis von diesen Tatsachen gehabt, als Herr Röpcke zum Vortrag "Pressefreiheit in der Ukraine" eingeladen wurde?
6. Sollte die DGAP im Vorfeld Kenntnis darüber gehabt haben, teilt sie diese Ansichten Herrn Röpckes?
7. Sollte die DGAP keine Kenntnis im Vorfeld darüber gehabt haben, würde sie in Zukunft Herrn Röpcke wieder als Referenten einladen?
Nach einigen Tagen antwortete mir ein Herr Wilfried Jilge, Programmmitarbeiter am Robert Bosch Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien und Berater von Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten "in Fragen zur Ukraine":
Haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Auch im Namen unseres Partners "Kiewer Gespräche", die mit uns gemeinsam die Veranstaltung am 13. September 2016 zum Thema Medienfreiheit in der Ukraine durchgeführt haben, möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir die Berichterstattung von Herrn Röpcke vor Ort schätzen. Auf der Veranstaltung vom 13. September hat Herr Röpcke einen informativen Einblick in seine journalistische Arbeit in der Ukraine gegeben.
Wie schon beim BMI zuvor, war diese Antwort nicht unbedingt das, wonach ich gefragt habe. Nach nochmaligem Nachfragen antwortete mir dann Dr. Stefan Meister, Vorgesetzter des Herrn Jilge und ehemaliger OSZE-Wahlbeobachter:
Herr Jilge hat Ihnen entsprechend Auskunft erteilt. Diese Veranstaltung hat der Satzung der DGAP entsprochen und als gemeinnütziger Verein sind wir nicht auskunftspflichtig über irgendwelche darüberhinausgehenden Details einer Veranstaltung.
Den restlichen Austausch von Nettigkeiten des Herrn Dr. Meister möchte ich Ihnen lieber ersparen. Ich habe ihm dennoch nochmal geschrieben und die Möglichkeit geboten, sich zum Zwecke der Bestätigung zu meiner Frage zu äußern, ob der selbstdefinierte Zweck der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik mit den Ansichten des Julian Röpcke übereinstimmt. Diese Möglichkeit wurde leider nicht in Anspruch genommen.
Dieser "gemeinnützige Verein", wie es Dr. Meister bezeichnet, wird vom Auswärtigen Amt "institutionell" mit einer Finanzspritze von jährlich 748.000 Euro (im Jahr 2015) "unterstützt", was bei einem Gewinnvortrag von knapp 6.200 Euro in der Bilanz des "Vereins" durchaus einer entscheidenden Rolle gleichkommt. Nebst anderen Gönnern, beispielsweise aus der Rüstungsindustrie, wo man deren Spenden gerne auch mal für "exklusive Exkursionen" mit Bundestagsabgeordneten zu den eigenen Produktionsstandorten nutzt. Na das sind doch herrliche Zufälle für einen "unabhängigen" und "gemeinnützigen Verein", oder nicht?
Wie dem auch sei: Fakt bleibt, dass die DGAP keinen Widerspruch hinsichtlich ihres eigenen Selbstverständnisses und der Einladung von Julian Röpcke erkennen kann. Im Gegenteil. Man schätzt seine "Berichterstattung" - ob damit Röpckes BILD-Artikel und seine Twitter-Propaganda gemeint sind oder nicht, wurde nicht erläutert - und "journalistische Arbeit in der Ukraine" - ob damit auch der Besuch und die Verharmlosung von AZOV gemeint ist, geht aus der Darstellung auch nicht hervor. Für einen Think Tank, oder meinetwegen auch "gemeinnützigen Verein", der ohne die "institutionelle Unterstützung" vonseiten des Auswärtigen Amtes - gemeint sind damit Steuergelder - tiefrote Zahlen in der Bilanz ausweisen müsste, ist das schon ein klares Signal.
Zu befürchten gäbe es ja ohnehin nichts. Weder Röpckes Hasspostings noch seine Affinität für eine neonazistische Gruppierung im Ausland, und erst recht nicht Aufrufe zum Massenmord in einem Land, deren Regierung man stürzen möchte, stellen in irgendeiner Art und Weise in Deutschland ein Problem dar. Zumindest solange kein Land betroffen ist, das auf mächtige Fürsprecher im politisch-medialen Komplex bauen kann. Sowohl das Außenministerium - zusammen mit der DGAP - als auch das Innenministerium und das Justizministerium können erhobenen Hauptes über diesen Artikel lachen.
Es wurde ja nicht ein einziges Gesetz gebrochen, außer vielleicht Artikel 185 nach dem Strafgesetzbuch (Beleidigung). Aber solange niemand, der von Röpcke beleidigt wurde, persönlich dagegen vorgeht, interessiert auch das weiter niemanden.
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