Verdacht auf Rechtsextremismus: Ermittlungen gegen rund 550 Bundeswehr-Soldaten

Autorius: RT deutsch Šaltinis: https://deutsch.rt.com/inland/... 2020-01-28 11:50:04, skaitė 680, komentavo 0

Verdacht auf Rechtsextremismus: Ermittlungen gegen rund 550 Bundeswehr-Soldaten

Gegen rund 550 Bundeswehrsoldaten ermittelt der Militärgeheimdienst wegen Verdachts auf Rechtsextremismus. In einer Einheit ist die Zahl der Verdachtsfälle anteilig besonders hoch – beim Kommando Spezialkräfte (KSK). Eine "Schattenarmee" gebe es jedoch nicht.

Der Militärgeheimdienst geht nach eigenen Angaben rund 550 rechtsextremen Verdachtsfällen in der Bundeswehr nach. Im vergangenen Jahr wären 360 neue dazugekommen, sagte der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, in einem Interview mit Welt am Sonntag. Die Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) sei dabei besonders betroffen. Hier bearbeite man aktuell rund 20 Verdachtsfälle – Anfang 2019 wäre es noch etwa die Hälfte gewesen.

Damit ist bei dem KSK die Zahl der Verdachtsfälle etwa fünfmal so hoch wie im Vergleich zum Rest der Truppe", so Gramm. "Eine ganze Reihe von Personen musste das KSK inzwischen verlassen."

2019: 14 Extremisten identifiziert, davon 8 Rechtsextremisten

Insgesamt wären im vergangenen Jahr 14 Extremisten identifiziert worden, davon 8 Rechtsextremisten. Diese wären bereits oder würden entlassen. Zudem habe der Geheimdienst 40 Personen mit "fehlender Verfassungstreue" identifiziert.

Was genau unter "fehlender Verfassungstreue" verstanden wird, erklärte Gramm folgendermaßen:

Bei Staatsdienern ist es eine Rechtspflicht, die Verfassung anzuerkennen und aktiv dafür einzustehen. Ein Beispiel aus dem islamistischen Spektrum ist, wenn ein Soldat aus religiösen Gründen einer Frau generell den Handschlag verweigert. Im Bereich Rechts könnte es der Hitler-Verehrer sein, der weder organisiert noch gewalttätig ist, aber antisemitische, rassistische oder extrem patriotische Äußerungen im Internet postet. 

Gramm kündigte an, 2020 erstmals einen offiziellen MAD-Tätigkeitsbericht zu veröffentlichen. Einen solchen hatte kürzlich der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, gefordert. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae erklärte:

Für den Kampf gegen Rechtsextremismus ist eine belastbare Datengrundlage unersetzlich, deswegen ist die Einführung eines Tätigkeitsberichts des MAD überfällig.

Auch die Bundeswehr profitiere davon, wenn für die Bürger nachvollziehbar dokumentiert werde, dass man konsequent gegen Extremisten vorgehe.

"Weitreichende Konsequenzen aus dem Fall Franco A. gezogen"

Die Soldaten des KSK verfügten über besondere Fähigkeiten, so Gramm. Deshalb müsse man hier ganz besonders sorgfältig hinschauen.

Es handelt sich, aus guten Gründen, um eine abgeschottete Einheit, in der es durchaus auch elitäres Selbstbewusstsein gibt – und auch geben muss."

Es gebe dort intensive Beziehungsgeflechte. "Das birgt immer auch Risiken." Gramm widersprach dem Eindruck, wonach es in der Bundeswehr eine "Schattenarmee" gebe. Entsprechende Anhaltspunkte habe man sehr ernst genommen und intensiv recherchiert.

Dabei haben wir Extremisten und Personen mit fehlender Verfassungstreue erkannt, die sich teilweise auch untereinander kennen. Was wir aber nicht festgestellt haben, ist eine entschlossene ziel- und zweckgerichtete, vielleicht sogar gewaltbereite Gruppe, die unseren Staat beseitigen will."

Laut Gramm habe man weitreichende Konsequenzen aus dem Fall Franco A. gezogen. Der Soldat hatte sich als syrischer Flüchtling registrieren lassen und nach Ansicht des Generalbundesanwalts einen Terroranschlag geplant. "Dies war der Weckruf, um den MAD umfassend weiterzuentwickeln", so Gramm.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages Bartels erklärte am Montag im WDR5-"Morgenecho", dass seit 2017 Soldaten vor der Einstellung durch den Militärischen Abschirmdienst überprüft würden. Das führe dazu, dass mehr Fälle in die Statistik kommen. Nun wird genauer hingeschaut. Die neuen Verdachtsfälle bezeichnete der SPD-Politiker als "eine hohe Zahl", fügte jedoch hinzu: "Die neue Offenheit schafft eher Vertrauen als die Geheimniskrämerei in der Vergangenheit."