Fragwürdige Ansichten: Philosophie-Gesellschaft untersagt Mitbegründer Teilnahme an Fachkongress

Autorius: Desiree Lambert Šaltinis: https://deutsch.rt.com/meinung... 2022-09-17 10:52:00, skaitė 673, komentavo 0

Fragwürdige Ansichten: Philosophie-Gesellschaft untersagt Mitbegründer Teilnahme an Fachkongress

Der Fall von Meggle ist kein Einzelfall: Die Cancel-Kultur hat in der Vergangenheit schon andere Intellektuelle getroffen.

In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, glaubt man zumindest. Denn das gilt längst nicht mehr überall. Offenbar selbst bei der Gesellschaft für analytische Philosophie (GAP) nicht mehr. Die hat dem Philosophen Georg Meggle die Teilnahme an einer Veranstaltung untersagt, weil er "Verschwörungstheorien" verbreite.

Von Desiree Lambert

Um die Meinungsfreiheit ist es in Deutschland nach Ansicht vieler schon lange nicht mehr gut bestellt – auch nicht an Universitäten. Einst als verheißungsvolle Orte des freien Denkens gefeiert, verfallen die Lehranstalten heute stattdessen zunehmend der Versuchung der ausufernden "Cancel-Kultur" radikaler Kräfte, die ihre Meinung zur einzig wahren erklären wollen. Augenscheinlich steht eine solche Gesinnungspolizei in Deutschland zwar noch immer in einer Tradition des Ungeistes. Auf Studenten und Professoren losgelassen wird sie aber dennoch. Nun traf es den Philosophen Georg Meggle, dem die Gesellschaft für analytische Philosophie (GAP) aufgrund seiner Ansichten kurzfristig die Teilnahme an dem Kongress "Philosophie und Öffentlichkeit" untersagte.

Mit mehr als tausend Mitgliedern zählt die 1990 gegründete GAP zu Europas größten philosophischen Fachgesellschaften. Bei der Vortragsreihe, die noch bis Donnerstag an der Berliner Humboldt-Universität stattfindet, soll nach Angaben der GAP unter anderem "das Verhältnis von Philosophie und Öffentlichkeit aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und diskutiert" werden. Getreu dem Hauptthema wurde der Kongress am Montag mit einem Vortrag von Tim Henning, Professor für Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, und einer daran anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema "Wissenschaftsfreiheit und Moral" eröffnet. Daran hätte ursprünglich auch Georg Meggle, Emeritus am Institut für Philosophie und Geisteswissenschaften der Universität Leipzig und Gründungsmitglied der GAP, teilnehmen sollen.

Doch Anfang September wurde er kurzfristig wieder ausgeladen, wie die FAZ berichtete. Den Grund für seinen plötzlichen Sinneswandel beschreibt der GAP-Vorstand in einer schriftlichen Stellungnahme wie folgt:

"Vor wenigen Tagen ist der Vorstand der GAP darauf aufmerksam geworden, dass Georg Meggle als Erstunterzeichner den Appell 'Den Kriegstreibern in den Arm fallen' unterstützt hat, der unter anderem die Verschwörungstheorie des 'Great Reset' propagiert."

Laut dieser stehe hinter der Impf-Kampagne eine Strategie des "Forums der Superreichen", durch die "der Kapitalismus über einen gezielten Zusammenbruch und einen 'Neustart' auf eine noch perversere Stufe gehoben werden soll."

Die Unterzeichner des Appells werfen der Politik zudem vor, "unter dem Deckmantel der Pandemie-Bekämpfung Milliarden Menschenleben zu gefährden und die Überlebenden einer Totalkontrolle zu unterwerfen", bemängelte der GAP-Vorstand weiter. Die Tatsache, dass Meggle dieses "Pamphlet" nicht nur in seinem eigenen Namen, sondern gleichzeitig mit dem Zusatz "Ehrenpräsident der Gesellschaft für Analytische Philosophie" unterschrieb, habe den Vorstand dazu bewogen, die Einladung Meggles letztlich zurückzunehmen. Denn die Kongressleitung könne nicht sehen, wie sie den geplanten thematischen Zuschnitt der Veranstaltung unter Einbeziehung von Meggles Meinung gewährleisten könne.

Eine Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit Georg Meggles entstehe durch die Ausladung nach Ansicht des GAP-Vorstands zwar nicht. Allerdings halte es dieser für unangemessen, "das Eröffnungspodium eines wissenschaftlichen Kongresses mit einer Person zu besetzen, die eine krude Verschwörungstheorie wie die Great-Reset-Theorie unterstützt." Darüber hinaus stimme Meggles Ansicht nicht mit dem Signal überein, dass die GAP mit der Veranstaltung aussenden wolle:

"Zu zeigen, dass man auch über kontroverse Themen sachlich und unter Berücksichtigung der Beleglage diskutieren kann." 

Mit ihrer Kritik beziehen sich die Philosophen auf den sogenannten "Krefelder Appell 21", der im November 2021 veröffentlicht wurde. In diesem kritisieren die Verfasser nicht nur den übermächtigen "US-Machtkomplex" für seine weltweiten militärischen Aggressionen. Sie warnen auch vor einer von ihm ausgehenden Kriegsgefahr und fordern deshalb einen Austritt aus der NATO. Zu den mehr als 130 Erstunterzeichnern zählen neben Meggle auch Michael Ballweg, der Journalist Milosz Matuschek und der Vater von Julian Assange, John Shipton. Der friedenspolitische Appell sorgte deutschlandweit für Debatten. 

Die grundgesetzlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre begründe keinen Anspruch darauf, bei einer bestimmten Veranstaltung zu sprechen, beschwichtigen die GAP-Mitglieder in ihrer Erklärung abschließend. Dennoch gibt es Gründe, das Auftrittsverbot Meggles und andere ähnliche Vorkommnisse nicht als seltene Einzelfälle, sondern Nebeneffekte einer gefährlichen Cancel-Kultur zu betrachten – insbesondere in Deutschland. Denn man sollte nicht vergessen, wann Deutschland zuletzt Vorreiter im Aufbau einer von Zensur und Einschränkungen geprägten Gesellschaft war: In den dreißiger Jahren – vor der Machtergreifung Adolf Hitlers.