Autorius: RT Šaltinis: https://deutsch.rt.com/interna... 2022-06-27 19:21:00, skaitė 723, komentavo 0
Mitglieder von Gewerkschaften und zahlreichen politischen Organisationen protestieren in Brüssel gegen die steigenden Lebenshaltungskosten, 20. Juni 2022
von Stanislaw Leschenko
Ein drastischer Anstieg der Lebensmittelpreise – ein fast überall zu beobachtendes Bild in der EU. Im Laufe des Mai erreichte die Inflation in der Eurozone mit einer Jahresrate von 8,1 Prozent einen historischen Höchststand seit der Einführung der gemeinsamen Währung im Jahr 1999. Die Experten nennen den Anstieg der Energiepreise als Hauptgrund dafür. Dieser betrug 39,2 Prozent und lag damit um 1,7 Prozentpunkte über dem Wert vom April. Jedoch trägt der Anstieg der Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabakwaren mit 7,5 Prozent maßgeblich zur allgemeinen Inflation bei.
Die Lebensmittelpreise in den europäischen Geschäften begannen bereits Ende letzten Jahres zu steigen. Zu dem Zeitpunkt wurden Gründe wie ungünstige natürliche Faktoren, die COVID-19-Pandemie und der Anstieg der Preise für Energieressourcen genannt. Heute wird die Situation durch die weltweite Wirtschaftskrise verschärft, die mit antirussischen Sanktionen einhergeht.
Besonders anschaulich ist die Entwicklung bei unseren nächsten Nachbarn in den baltischen Staaten. "Die Preise der Produkte, die den Endverbraucher erreichen, werden steigen. Und zwar in erheblichem Umfang – um Dutzende von Prozent. Ich denke, dass einige Produkte sich im Preis verdoppeln werden. Und es gibt kein Produkt, von dem ich sagen kann, dass es nicht teurer sein wird. Bereits der Transport von der Produktionsstätte zu den Geschäften kostet mehr, weil der Kraftstoffpreis gestiegen ist", sagte die Direktorin am lettischen Institut für Agrarwirtschaft, Inguna Gulbe. Laut Gulbe können "Lebensmittel in Lettland im Durchschnitt um mindestens die Hälfte teurer werden".
Das litauische Fernsehen zeigte einen Bericht, in dem einige Leute zugaben, dass sie jetzt in Geschäfte gehen würden, nur um sich die Preisschilder anzuschauen – als seien diese ein Museum. Aber sie kaufen nicht, was sie wollen, sondern nur das, was sie sich leisten können.
"Ich mache eine Liste und schaue, was billiger ist. Nicht, was leckerer und besser ist, sondern was billiger ist, sonst ist es unmöglich. Ich habe gesehen: Bio-Käse – 3,3 Euro für 222 Gramm", beschwerte sich eine der befragten Frauen. Ein anderer Kunde meinte: "Wir sehen uns etwas an und gehen dann weiter. Wir gehen nach Hause und kochen etwas von dem, was übriggeblieben ist. Wenn nichts mehr da ist, müssen wir ein wenig Fleisch kaufen."
Die jährliche Inflationsrate in Litauen lag im Mai 2022 (verglichen mit Mai letzten Jahres) bei 18,9 Prozent. Wie Experten feststellen, wurde dieser Indikator am stärksten durch den Anstieg der Preise für Kraftstoffe und Schmiermittel, Heizung, Milchprodukte, feste Brennstoffe, Brot und Getreideprodukte, Fleisch und Fleischprodukte, Gas, Restaurant- und Cafédienstleistungen, Fahrzeuginspektion und -reparatur, Gemüsepreise sowie einen Rückgang der Preise für Passagierflugdienste beeinflusst.
Laut Sirje Potisepp, der Vorsitzenden des estnischen Verbandes der Lebensmittelindustrie, gibt es "keine guten Nachrichten für die Verbraucher". Sie erklärte: "Wir sehen, dass die Getreidepreise ständig steigen – und Getreide wirkt sich auf alle Produkte aus. Wir können nichts vorhersagen, da wir nicht wissen, wie die Ernte im Herbst ausfallen wird ... Uns erwartet eine harte Zeit, denn die Preise für die Verbraucher steigen stark an. Die Regierung muss ihre Bürger unterstützen, nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Lebensmittelhersteller", so Potisepp.
Die baltischen Staaten waren übrigens noch nie ein Musterbeispiel für den Wohlstand. Die Situation in Großbritannien sollte allem Anschein nach viel besser sein, einem westeuropäischen Land, das vor einigen Jahren aus der Europäischen Union ausgetreten ist und immer mehr wie ein sinkendes Schiff aussieht.
In Wirklichkeit aber sieht es bei den Briten nicht gut aus, um es gelinde auszudrücken. Justin King, ehemaliger Chef von Sainsbury's, dem zweitgrößten Lebensmittelhändler des Vereinigten Königreichs, sagte, dass das "goldene Zeitalter" der günstigen Lebensmittel im Vereinigten Königreich zu Ende gehe.
Die Situation hat sich durch Probleme verschärft, die aus dem Versuch Großbritanniens entstanden sind, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Die Daily Mail berichtet, dass die Hälfte der britischen Gewächshäuser aufgrund von Arbeitskräftemangel und steigenden Heizkosten leer stehen. Deshalb prognostizieren die Landwirte einen Rückgang ihrer Gurken- und Paprikaernte um mehr als die Hälfte. Sie bemerken, dass es aufgrund steigender Energiepreise unmöglich sei, Gewächshäuser zu beheizen, und es zu spät sei, neue Pflanzen anzubauen. Gemäß der Zeitung betrug die Gasgebühr zu Beginn des letzten Jahres 40 Pence, jetzt ist der Betrag auf 8 Pfund gestiegen. Der Verband landwirtschaftlicher Erzeuger im Lea Valley in Hertfordshire schlägt Alarm: Der Mangel an Arbeitskräften hat zu einem 20-prozentigen Rückgang bei der Anpflanzung von Kreuzblütlern (einschließlich Brokkoli und Blumenkohl) geführt.
Vom Anstieg der Lebensmittelpreise wird auch aus Deutschland, Polen, Frankreich und anderen kontinentaleuropäischen Ländern berichtet. In den USA ist es sogar so weit gekommen, dass es einen katastrophalen Mangel an Babynahrung gibt.
Die Situation in Afrika sieht sogar noch erschreckender aus. So beschleunigt sich die Inflation in Ägypten bereits den sechsten Monat in Folge, vor dem Hintergrund des starken Anstiegs weltweiter Energie- und Lebensmittelpreise sowie der Abwertung der Landeswährung. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Verbraucherpreise in der arabischen Republik im Mai um 13,5 Prozent (gegenüber 13,1 Prozent im Vormonat). Das ist der höchste Stand seit drei Jahren. Ausschlaggebend dafür war der Anstieg der Preise für Lebensmittel und Getränke um 24,8 Prozent, was laut Bloomberg die größte Einzelkomponente des Inflationskorbs in diesem Land darstellt. Man darf auch nicht vergessen, das 104 Millionen Einwohner zählende Land ist einer der größten Weizenimporteure der Welt.
Der Westen nennt Schwierigkeiten mit Getreideexporten aus der Ukraine als Hauptgrund für die Nahrungsmittelkrise. Allerdings wird der Einfluss des ukrainischen Getreides auf die Krise deutlich übertrieben, zumal sich diese bereits im letzten Jahr angesichts der steigenden Energiekosten bemerkbar machte. Die Tatsache, dass der Westen mit seinen Sanktionen den Export von russischem Getreide erschwerte (und Russland ist sein größter Exporteur), hat wesentlich zur Entwicklung der Krise beigetragen. "Sanktionen gegen Russland führen zu keiner Lösung der Ukraine-Krise, und gleichzeitig verursachen sie großes Leid auf der ganzen Welt, weil die Lebensmittel- und Energiepreise in die Höhe schießen", heißt es im britischen Guardian.
Das Problem wird zusätzlich dadurch verschärft, dass die Staaten unter diesen Umständen in erster Linie ihre eigenen Bedürfnisse im Auge haben. So hat Indien Mitte Mai die Ausfuhr von Weizen ohne besondere Regierungsgenehmigung verboten. Dies geschah, nachdem der heißeste März aller Zeiten in dem 1,4-Milliarden-Einwohner-Land zu einer Missernte geführt hatte. Obwohl Indien kein Hauptakteur auf dem Weltgetreidemarkt ist, führte dieser Schritt zu einem weiteren Anstieg der ohnehin schon stark gestiegenen weltweiten Preise für Nahrungsmittel. Das Weizenembargo hat auch dazu geführt, dass Hunderttausende von Tonnen Getreide in den indischen Häfen feststecken, wo lange Reihen tausender Lastwagen darauf warteten, entladen zu werden.
Und Ende Mai erklärte Indien, es habe die Zuckerausfuhren eingeschränkt – ebenfalls zum Schutz seines Marktes und zur Senkung der Inflation. Der Staat, der weltweit der größte Zuckerproduzent und nach Brasilien der zweitgrößte Exporteur ist, kündigte an, die Lieferungen im laufenden Wirtschaftsjahr, das im September endet, auf 10 Millionen Tonnen zu begrenzen. "Die Entscheidung wurde mit dem Ziel getroffen, die Verfügbarkeit auf dem heimischen Markt und die Preisstabilität während der Zuckersaison zu erhalten", so das indische Ministerium für Nahrungsmittel.
Am 30. Mai teilte die thailändische Regierung der Nachrichtenagentur Reuters mit, dass das Land mit Vietnam Gespräche über eine Anhebung der Preise für Exporte von Reis führe, um "seinen Einfluss auf dem Weltmarkt zu erhöhen und die Einkommen der Bauern zu steigern". Dies verursachte große Besorgnis im südlichen Afrika, wo etwa 95 Prozent des Reises aus Thailand (71 Prozent) und Indien (23,4 Prozent) bezogen wird. Im Jahr 2020 importierte Südafrika Reis im Wert von 506 Millionen Dollar und war damit auf Platz 13 der weltweit größten Abnehmer dieses Produkts. Im selben Jahr war Reis auf Platz 15 der am meisten importierten Produkte in der größten Volkswirtschaft des südlichen Schwarzen Kontinents. Nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums entfallen auf Vietnam und Thailand rund 10 Prozent der weltweiten Rohreisproduktion und etwa 26 Prozent der weltweiten Exporte.
Kürzlich stellte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) die Prognose auf, dass die weltweite Getreideproduktion in der Saison 2022/2023 zum ersten Mal seit vier Jahren zurückgehen wird, nämlich um 16 Millionen Tonnen gegenüber dem Höchststand von 2021 auf 2,784 Milliarden Tonnen.
Unser Land ist von dieser Prognose jedoch nicht betroffen – in Russland wird für das Jahr 2022 eine Rekordernte erwartet. Die inländische Getreideernte könnte 130 Millionen Tonnen erreichen, davon 87 Millionen Tonnen Weizen. Präsident Wladimir Putin betonte bei einem Treffen zu wirtschaftlichen Fragen: "Wenn das passiert – und wir rechnen genau damit –, wird es eine Rekordernte in der Geschichte Russlands sein." Solch eine Ernte würde nicht nur den heimischen Bedarf decken, sondern auch das Angebot auf dem Weltmarkt erhöhen.
Die Inflation in Russland hat einen ausgeprägten nicht-monetären Charakter. Diese ist jetzt gesunken, vor allem aufgrund des Endes der Inflationsimporte aus dem Westen, während sie zuvor sank, als man die Monopolzölle nicht indexierte. Außerdem, im Gegensatz zum Westen, sind wir nicht mit einem katastrophalen Anstieg der Energiepreise konfrontiert, die wir selbst liefern. Hinzu kommt, dass mit dem Anstieg der Gaspreise auch die Kosten für Düngemittel sofort gestiegen sind, da einige von ihnen unter anderem mithilfe von Gas hergestellt werden. Sobald die Düngemittelpreise stiegen, wurden viele Unternehmen, einschließlich derjenigen in den EU-Ländern, unrentabel und begannen zu schließen. Das Volumen der Düngemittel auf dem Weltmarkt ging stark zurück, und die Preise stiegen entsprechend. Die westliche Gemeinschaft verhängte Sanktionen gegen russische Düngemittel. Später, als die Amerikaner erkannten, was vor sich ging, hoben sie die Sanktionen auf, nicht aber die Europäer.
Dies wird die Lage auf den globalen Märkten für Düngemittel verschlechtern, sodass die Aussichten auf Ernteerträge sehr viel bescheidener ausfallen und die Preise nur noch weiter steigen werden.
Im Mai verzeichnete Russland sogar einen Rückgang der Lebensmittelpreise (-0,15 Prozent), da sich die Deflation bei Obst und Gemüse beschleunigte. Die Perspektive Russlands, den Rest der Welt vor dem Verhungern zu retten, wird auch von der ausländischen Presse bestätigt. Die Times berichtet über das Ziel Russlands, seine Agrarexporte bis 2024 um 50 Prozent zu steigern, was durchaus erreichbar ist.
Ein bedeutender Wachstumsfaktor für Exporte Russlands ist der Weizen, dessen Weltexporte die Russische Föderation faktisch unter ihre Kontrolle gebracht hat. Im April stiegen die Weizenexporte um 18 Prozent. Dank der kräftig gestiegenen Weltmarktpreise für Getreide konnte der russische Haushalt seit Jahresbeginn Steuereinnahmen in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar aus Getreideexporten verbuchen. Die russischen Exporte decken den Mangel auf dem Weltgetreidemarkt zu 32 Prozent, einschließlich des Rückgangs der Lieferungen aus der Ukraine. Die Rekordernte in Russland (mit einem Rekordanstieg der Weltmarktpreise für Weizen) erlaubt sowohl die Befriedigung der Inlandsnachfrage als auch die Versorgung der Weltmärkte.
Übersetzt aus dem Russischen.