Medienprüfer zensieren unabhängige Online-Medien

Autorius: Tilo Gräser Šaltinis: https://www.anonymousnews.ru/2... 2021-02-23 14:55:00, skaitė 832, komentavo 0

Medienprüfer zensieren unabhängige Online-Medien

Ken Jebsen, Kanalbetreiber von KenFM

KNachdem private Plattformen wie die Google-Tochter Youtube zunehmend Kanäle sperren, die sich kritisch zur Corona-Politik der Regierenden äußern, gehen seit vergangener Woche mit den Landesmedienanstalten nun auch offizielle bundesdeutsche Behörden gegen kritische Medien vor. Dabei werden die Betroffenen unterschiedslos in einen Topf geworfen, der mit den Etiketten „rechts“ und „Verschwörungstheoretiker“ versehen ist. Die Aktion ist Berichten zufolge unter den Anstalten abgestimmt und kündigte sich bereits mit dem im Herbst 2020 verabschiedeten neuen Medienstaatsvertrag an. Der Vorgang wirft Fragen nach den Hintergründen auf, ebenso danach, wie staatsfern die Landesmedienanstalten tatsächlich sind.

von Tilo Gräser

Am 16. Februar berichtete der Deutschlandfunk (DLF): „Medien-Aufseher gehen gegen rechte Online-Medien vor“. Demnach werfen die Medienanstalten in Schreiben an 13 Online-Medien diesen vor, gegen journalistische Regeln verstoßen zu haben. Den Betroffenen würden Sanktionen drohen, heißt es. Neben AfD-nahen Medien und Kanälen geriet dem Bericht zufolge auch das reichweitenstarke Online-Portal KenFM ins Visier der zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Laut DLF geht es dabei „um den Anfangsverdacht, dass journalistische Grundsätze nicht eingehalten wurden und gegen journalistische Sorgfaltspflichten verstoßen wurde“.

Die Landesmedienanstalten in Berlin/Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Hamburg/Schleswig-Holstein haben dem Sender zufolge 13 sogenannte Hinweisschreiben an Online-Medien versandt. Dem DLF gegenüber erklärte Tobias Schmid von der Landesanstalt für Medien (LfM) NRW, es gehe nicht um die Frage, „ob uns der Inhalt gefällt oder nicht gefällt“. Es werde dagegen „schwerpunktmäßig“ überprüft, „ob es sozusagen handwerkliche Fehler gibt, Quellen nicht klar gekennzeichnet sind, ob Zitate nicht als solche gekennzeichnet sind, ob Recherchepflichten nicht erfüllt worden sind und ob dadurch möglicherweise ein Eindruck erzeugt wird, der in der öffentlichen Wahrnehmung manipulativ sein kann, ob absichtlich oder versehentlich“.

Zweifelhafte Medienkompetenz

Gegenüber KenFM beruft sich die MABB auf die Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht in sogenannten Telemedien gemäß Paragraf 19 des Medienstaatsvertrags (MStV). Dort heißt es, Nachrichten seien „vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen“.

Von der MABB werden nun vier Beiträge aus der KenFM-Rubrik „Tagesdosis“ genannt, die Textpassagen enthielten, für die es keine ordentliche Quellenangabe gebe. Darunter ist der Text „Die Impfaktion“ von Wolfgang Wodarg, den das Portal von Multipolar übernommen hatte und der unter anderem Titel auch im Onlinemagazin Rubikon erschienen war.

Im MABB-Schreiben an Ken Jebsen, den Betreiber von KenFM, zitiert die Behörde die fragliche Passage aus Wodargs kritischem Text, versehen mit dem Hinweis, „in einigen Passagen“ sei „möglicherweise gegen die journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen“ worden. Folgender Absatz von Wodarg erregte Anstoß:

„Aber die Politik schert sich derzeit nicht um evidenzbasierte Medizin und die Nationalen Ethikräte und Impfkommissionen fragen offenbar gar nicht mehr nach der Indikation von Maßnahmen, sondern streiten sich um Priorisierung, nach dem Motto: Wer kommt zuerst in den Genuss der neuen ‘Impfstoffe’ und wer muss leider warten. Die sogenannte Covid-19-Schutzimpfung kann die schädlichste dieser Maßnahmen werden. Sie ist bereits aus unseren Beiträgen und Steuern finanziert und ist in Wirklichkeit eine flächendeckende Riesenbeobachtungsstudie mit neuartigen gentechnischen Manipulationen unserer Immunsysteme.“

Der Vorgang ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert: Er lässt Zweifel an der Medienkompetenz der MABB zu, da sie für Aussagen in einem Meinungsbeitrag von Wodarg einen Quellenbeleg einfordert. Ein Kommentar zu einem Vorgang muss eben nicht mit Quellen belegt werden, sondern gibt nicht mehr und nicht weniger als die Meinung des Autors wieder. (Anmerkung der Redaktion: Wodarg hat dennoch auf Nachfrage Quellen nachgeliefert, siehe die folgende Fußnote.) (1) Es wirkt anmaßend, wenn eine solche „staatsferne“ Behörde beginnt, Journalismus inhaltlich zu überprüfen. Zudem war der Text, wie schon erwähnt, zuvor in anderen Medien erschienen – die (bislang) aber keine Post von den zuständigen Behörden bekamen.

Ausweichende Antworten

Auf die Frage nach den konkreten Gründen und Anlässen erklärte die Pressesprecherin der MABB, Anneke Plaß, die Landesmedienanstalten hätten „ein knappes Dutzend Hinweisschreiben“ verschickt. Diese seien an „verschiedene Anbieter journalistisch-redaktionell gestalteter Telemedien“, gegangen. Sie wurden „darauf hingewiesen, dass ihre Angebote gemäß Paragraf 19 Absatz 1 Satz 2 MStV den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen haben“. Plaß nannte als konkretes Beispiel nur „Ken Jebsen als im Impressum genannter Anbieter von KenFM“. In den Medienberichten zu den Vorgängen werden von den Angeschriebenen nur KenFM, der AfD-nahe „Deutschland-Kurier“ und das Portal Flinkfeed genannt. Die beiden anderen gelten als Beispiele für offensichtlich rechts-orientierte Online-Medien. Die MABB-Sprecherin verwies auf den Medienstaatsvertrag:

„Damit haben die Landesmedienanstalten unter anderem die Aufgabe, Aufsicht über die journalistische Sorgfaltspflicht von Telemedienanbietern zu führen (§19). Journalistisch-redaktionell gestaltete Telemedienangebote müssen den anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprechen.“

Letztere seien im Pressekodex des Deutschen Presserates festgeschrieben. Die Vorschrift gelte laut Plaß „für alle journalistischen Internetportale, Blogs und andere Onlinemedien.“
Die Landesmedienanstalten würden bei ihrem Vorgehen auf Dialog setzen, so die Sprecherin. Deshalb hätten die betroffenen Online-Medien sogenannte Hinweisschreiben erhalten, worauf sie Stellung nehmen könnten. Zur Frage nach dem konkreten Anlass und zum Vorgehen erklärte Plaß:

„Die Landesmedienanstalten sichten Angebote und reagieren auch auf Beschwerden aus der Bevölkerung. Gegenstand unserer Aufsichtsmaßnahmen ist stets der Verstoß gegen die erforderliche journalistische Sorgfalt und nicht die Frage nach der Fehlerhaftigkeit der Nachricht als solche.“

Würden die Inhalte innerhalb der jeweils vorgegebenen Frist nicht entfernt oder korrigiert, würden die Behörden diese förmlich beanstanden und untersagen. Möglich seien auch Zwangsgelder.

Schwere Vorwürfe

Die MABB-Direktorin Anja Zimmer hatte zuvor am 17. Februar in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärt, „Warum Ken Jebsen ein Mahnschreiben bekommt“. Doch nach dieser Überschrift ging sie nicht weiter auf den konkreten Fall ein und nannte keine sachlichen Vorwürfe gegen KenFM. Dafür warnte Zimmer grundsätzlich vor den Gefahren für die Demokratie durch ein unkontrolliertes Internet:

„Fake News und Desinformationskampagnen fluten die demokratische Debatte, entziehen ihr die notwendige gemeinsame Informationsgrundlage und befördern eine zunehmend virtuell wie real gespaltene Gesellschaft.“

Deshalb sei es „zu einer der weltweit wichtigsten Aufgaben“ geworden, die digital verbreiteten Inhalte zu steuern. Zimmer griff tief in die Kiste unbelegter Vorwürfe und schrieb:

„Lügen werden nicht durch die Presse- und Meinungsfreiheit geschützt. Insbesondere dort, wo Desinformation einen potentiell hohen Schaden anrichten kann, zerstört sie eine sachbezogene Debatte und damit den Wesenskern der Demokratie. (…) Im Zweifel hat die Presse- und Meinungsfreiheit immer Vorrang. Wenn aber der Dialog durch gezielte Desinformation ersetzt wird und sämtliche Regeln des journalistischen Handwerks über Bord geworfen werden, wenn auch Selbstregulierung versagt, dann kommt der Moment, an dem Rechtspflichten durchgesetzt werden, mittels förmlicher Beanstandungen, Untersagungen oder sogar Zwangsgeldern. Auch das ist Teil des Rechtsstaates.“

Einen konkreten Beleg, wie der in der Überschrift genannte und im Bild zum Beitrag gezeigte Ken Jebsen „Tatsachen verzerrt, aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt und ‚alternative Erzählungen‘ geschaffen“ hat, blieb die MABB-Direktorin schuldig.

Das Vorgehen der Landesmedienanstalten trifft Online-Medien, die „sich nicht freiwillig dem Presserat angeschlossen haben“, wie es in dem DLF-Bericht heißt. Der Deutsche Presserat sieht sich selbst als „Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien und deren Online-Auftritte in Deutschland“. Fundament des Gremiums ist der Verein mit vier Mitgliedsorganisationen: Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Deutscher Journalisten-Verband (DJV), Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) und Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ).

Selektives Vorgehen

Der Presserat hat den Pressekodex erstellt, der ethische Standards für den Journalismus in der Bundesrepublik beschreibt und als Orientierungsrahmen gelten soll. Das ist angeblich Maßstab für die Medienaufseher der Länder bei ihrem aktuellen Vorgehen. Eigentlich gibt es keine Verbindung zwischen dem Presserat aus Konzern- sowie Journalistenverbänden und den Medienanstalten. Die haben die Aufgabe, den privaten Rundfunk – den vor allem Medienkonzerne anbieten – sowie die Online-Medien zu regulieren und zu beaufsichtigen, auch was die Inhalte angeht. Für die öffentlich-rechtlichen Medien sind sie nicht zuständig.

Bisher sei es kaum möglich gewesen, die tatsächlich unabhängigen digitalen Medien zu kontrollieren, behauptet auch der DLF. Es gehe darum, „Angebote im Netz einzuschränken, die journalistisch anmuten, aber Halbwahrheiten und Verschwörungsmythen verbreiten“. Das mache nun, so der DLF, der am 7. November 2020 in Kraft getretene Medienstaatsvertrag möglich:

„Dieser gibt den Landesmedienanstalten die Möglichkeit, bei Verstößen gegen einzelne Inhalte von journalistisch-redaktionellen Online-Medien vorzugehen.“

Die abgestimmte Aktion der Medienaufseher wirkt selektiv und einseitig gegen ausgewählte Medien. Das gestand gegenüber dem DLF Thomas Fuchs ein, der Direktor der beteiligten Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein:

„Ich kann den Vorwurf nachvollziehen. Das hat sicherlich einen Grund darin, dass zurzeit besonders viele Inhalte durch den Corona-Kontext hochgespült werden und dass viele aus unserer Sicht nicht gut recherchierte Informationen im Kontext mit Corona-Leugnung, mit Impfen und Ähnlichem verbreitet werden. Und deswegen ist es, glaube ich, zurzeit einfach die Tatsache, dass die meisten problematischen Inhalte aus diesem Spektrum kommen.“

Klarer Zusammenhang

Doch der Eindruck eines Zusammenhangs der Aktion mit der Corona-Politik und dem Versuch von Politik und machtorientierten Medien, Kritik daran zu diffamieren und gar zu unterdrücken, ist mehr als Zufall. Davon zeugt nicht nur, dass ein ähnliches Vorgehen zuständiger Gremien gegen etablierte private und öffentlich-rechtliche Medien aufgrund offensichtlicher Falschnachrichten und Verletzungen der journalistischen Sorgfaltspflicht – etwa wegen Angst- und Panikmache statt objektiver Darstellung – ausbleibt.

So freute sich Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), bereits im April 2020 gegenüber dem Tagesspiegel: Der neue Medienstaatsvertrag gebe den Landesmedienanstalten „bald neue Möglichkeiten, auch online die medienrechtlichen Vorgaben effektiver durchzusetzen, etwa was journalistische Sorgfaltspflichten angeht“. So könne Desinformation besser entgegengetreten werden, wurde Kreißig zitiert. Und weiter:

„Das Problem hat man erkannt und in den Medienstaatsvertrag auch eine entsprechende Regelung aufgenommen. Fake News sind ja kein neues Phänomen. Jetzt in der Corona-Krise spielt seriöse Information aber eine besonders große Rolle; Falschmeldungen, die verunsichern, verbreiten sich aktuell sehr schnell.“

Die DLM hatte ihr Vorgehen am 12. Februar 2021 in einer Pressemitteilung angekündigt: „Besonders mit Blick auf die anhaltende Corona-Pandemie und das Superwahljahr 2021“ sei die Einhaltung journalistisch-redaktioneller Sorgfaltspflichten durch die Anbieter gefragt:

„Sie müssen Inhalte vor der Verbreitung so überprüfen, dass sie von ihrer Wahrheit überzeugt sind, einen Mindestbestand an Beweistatsachen zusammentragen, Zitate klar kennzeichnen, Quellen angeben und bei Bedarf auch überprüfen.“

Wenn das missachtet werde, drohe „eine Destabilisierung demokratischer Kommunikationsprozesse“. Dies dürfe eine Gesellschaft „nicht hinnehmen“, so der DLM-Vorsitzende Kreißig.
„Mächtiges Mittel“

Das Online-Portal Netzpolitik stimmte im Oktober 2020 in diesen Chor mit ein:

„Medien, die im Netz Unwahrheiten verbreiten, können bald dafür belangt werden. Spätestens Mitte November sollen sie unter der Aufsicht der Landesmedienanstalten stehen.“

Der Medienstaatsvertrag verpflichte Internetmedien, sich an anerkannte journalistische Grundsätze zu halten. Dazu gehöre, dass Nachrichten vor der Veröffentlichung unter anderem auf den Wahrheitsgehalt sorgfältig geprüft würden. Netzpolitik-Autor Daniel Laufer schrieb:

„Diese Regelung betrifft auch Blogs, sofern sie nicht privat betrieben werden. Angebote wie beispielsweise ‚KenFM‘ oder ‚Tichys Einblick‘ könnten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie Falschmeldungen verbreiten, genauso ‚RT Deutsch‘, berüchtigt für russische Propaganda.“

Nicht der mögliche politisch motivierte Angriff auf die Pressefreiheit machte Laufer Sorgen, stattdessen bewegten ihn „Zweifel, ob die Aufsichtsbehörden wirklich für die neuen Aufgaben gerüstet sind“. Der Staatsvertrag könne sich als „ein mächtiges Mittel erweisen, um die Verbreitung von Desinformationen auf diesen Plattformen einzudämmen“, was auch für Facebook- oder Telegram-Kanäle gelte.

Die Landesmedienanstalten haben nun begonnen, dieses „mächtige Mittel“ einzusetzen. Der zeitliche Zusammenhang mit dem Vorgehen von Konzernen wie Google oder Facebook gegen kritische Kanäle erscheint alles andere als zufällig. „Google hat unsere App aus dem Play Store verbannt, da angeblich Inhalte gegen deren Richtlinien verstoßen“, berichtete KenFM am 8. Februar. „Es heißt: ‚Wir lassen keine Apps zu, die medizinische oder gesundheitsbezogene Inhalte oder Funktionalitäten aufweisen, die irreführend oder potenziell schädlich sind.‘“ Zuvor war der Youtube-Kanal der Plattform gesperrt worden, über den KenFM zuletzt 500.000 Abonnenten erreicht hatte. Am vergangenen Freitag kündigte außerdem der internationale Crowdfunding-Dienst Patreon die Zusammenarbeit mit KenFM – und erschwert damit die weitere Finanzierung des freien Portals.

Deutliche Zweifel

In dem Zusammenhang bemerkenswert: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte im November eine Zusammenarbeit mit Google begonnen, um die Reichweite des kürzlich gestarteten „Nationalen Gesundheitsportals“ zu erhöhen, wie Google-Deutschlandchef Philipp Justus und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündeten. Mithilfe sogenannter Knowledge Panels tauchen nun die Informationen des BMG-Portals direkt unter der Google-Suchzeile auf. Auf kritische Nachfragen hin hieß es im Januar dieses Jahres aus dem Ministerium, es gebe keinen Vertrag mit Google. Es handle sich nur um eine unverbindliche Kooperation.

Inzwischen hat das Landgericht München in einem Urteil vom 10. Februar dem Ministerium und Google vorläufig eine Zusammenarbeit untersagt. Das berichtete die „Bild“-Zeitung. Dabei spielten aber vor allem wettbewerbsrechtliche Aspekte eine Rolle. Die Betreiber des Onlineportals Netdoktor.de hatten gegen die Kooperation geklagt. Doch bei dieser könnte es sich immerhin ebenso um einen „ungerechtfertigten Verstoß gegen die Pressefreiheit und insbesondere gegen das Gebot der Staatsferne“ handeln. Das stellten die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages in einem Gutachten dazu fest, das am 16. Februar veröffentlicht wurde.

Es gibt weitere Zweifel am Vorgehen der vermeintlich staatsfernen Landesmedienanstalten. Diese wollen laut DLF nicht die Meinungsfreiheit einschränken, sondern sich nur darum kümmern, dass „fest etablierte journalistische Regeln“ eingehalten werden. Der Sender zitiert leise kritische Worte der Journalistik-Professorin und Medienethikerin Marlis Prinzing von der Hochschule Macromedia. Die findet das Vorgehen der Medienaufseher „grundsätzlich notwendig und begrüßenswert“, vermisst aber laut DLF Transparenz bei den Entscheidungen:

„Mich würde interessieren, wer genau die Entscheidung trifft, welche Online-Medien angeschrieben werden. Mich würde interessieren, wie genau die Kriterien sind. Ich finde außerdem wichtig zu wissen, wer sich denn da eigentlich gegebenenfalls an diese Regulierungseinrichtung dann wenden kann. Also ist es etwas, wo auch an eine Publikumsinstanz gedacht ist.“

Zweifelhaftes Vorgehen

Zu fragen bleibt außerdem, wie es sein kann, dass die Medienanstalten bei ihrem Vorgehen gegen die Online-Medien anscheinend mit etablierten Medien wie dem DLF, der FAZ und auch dem Tagesspiegel zusammenarbeiteten. Dieser Eindruck drängt sich angesichts dessen auf, was Bernhard Loyen in einem Kommentar auf KenFM zu dem Vorgang schreibt:

„Nicht mal eine Stunde nach Eingang der Mail, erfolgten durch den Deutschlandfunk und den Berliner Tagesspiegel Presseanfragen an das Portal. Investigatives Timing? Nicht ganz, der einen Redaktion sei ‘zu Ohren gekommen’, die andere erhielt eine Auskunft der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.“

Die erwähnten Medien privater und öffentlich-rechtlicher Rechtsform sind gewissermaßen Konkurrenten der Online-Medien wie KenFM auf dem Markt der Aufmerksamkeit. Letztere haben den etablierten Verlagen und Sendern ihre jahrzehntelang scheinbar sicheren Plätze beim Publikum streitig gemacht, zum Teil sehr erfolgreich. Das, so könnte man argumentieren, haben die Mainstreammedien sich selbst zuzuschreiben, da sie zunehmend versagen, wenn es um kritische Berichterstattung zu verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Themen geht – wie zahlreiche Studien belegen, so unter anderem die „Analyse zur Corona-Berichterstattung in den Schweizer Medien“ des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich von Juli 2020. Eine ganze Reihe von Untersuchungen bestätigen die Zweifel an der Rolle der etablierten Medien, gerade in der Corona-Krise.

Zum anderen ist zu fragen, mit welcher Rechtfertigung eine Landesmedienanstalt wie die MABB geschäftsschädigende Informationen über interne Vorgänge zwischen einem Mitbewerber (KenFM) und einer Anstalt weiter gibt, so dass deren Konkurrenten diese veröffentlichen können.

Beachtenswert ist zugleich, dass die berichterstattenden Medien sich selbst einer tatsächlichen, wirksamen Kontrolle entziehen. Gremien wie die Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Sender oder der Presserat mit seinem Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle können nicht anders bezeichnet werden, als „zahnlose Tiger“. Schon 1993 kam Jessica Eisermann vom Wissenschaftszentrum Berlin in einer Untersuchung zu dem Ergebnis:

„Der Presserat ist im Griff der Interessenverbände, der Verleger und Journalistenorganisationen. Die Selbstkontrolle eines Systems setzt aber voraus, dass die Kontrolleure gegenüber jenen, die kontrolliert werden sollen, ein Mindestmaß an Autonomie besitzen.“

An diesem Zustand hat sich kaum etwas verändert.

Fehlende Staatsferne

Es stellt sich angesichts des selektiven Vorgehens der Landesmedienanstalten ebenso die Frage nach ihrer tatsächlichen Staatsferne. Damit scheint es nicht weit her zu sein, wie sich in den letzten Jahren mehrmals gezeigt hat. Die Landesmedienanstalten sind vom „politischen Durchgriff“ geprägt, meinen Beobachter der Medienpolitik. Ein Beispiel lieferte die an der aktuellen Aktion beteiligte Landesmedienanstalt Saarland (LMS). Zu deren neuer Direktorin wurde im April 2020 die CDU-Landtagsabgeordnete Ruth Meyer ernannt. Sie folgte auf Uwe Conradt, ebenfalls von der CDU, der 2019 Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken wurde. Der Medienrechtler Dieter Dörr stellte dazu in einem Kurzgutachten im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion fest, die Wahl Meyers verstoße „in eklatanter Weise gegen den Grundsatz der Staatsferne“. Nicht der Landtag dürfe über eine solche Stelle entscheiden, sondern „nur ein staatsfern zusammengesetztes Gremium“.

Bei den Landesmedienanstalten zeigt sich ebenso, wie Politik und Medienkonzerne miteinander verbunden sind. Prägnantes Beispiel ist der vom DLF zitierte Direktor der Landesanstalt für Medien (LfM) NRW, Tobias Schmid. Bevor er die Position 2017 übernahm, hatte er hohe Funktionen im Medienkonzern RTL und war dort unter anderem für Medienpolitik zuständig. Von 2012 bis 2016 war Schmid Vorstandsvorsitzender des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien. Das Online-Magazin Medienkorrespondenz (MK) berichtete 2016 von Fragen hinsichtlich des Wechsels des RTL-Mannes zur LfM. Es zitierte Timo Lange von der Organisation Lobbycontrol:

„Dass mit Herrn Schmid ausgerechnet ein langjähriger Lobbyist des privaten Rundfunks als neuer Direktor der LfM gehandelt wird, ist schwer nachvollziehbar und fragwürdig. Der Interessenkonflikt ist offenkundig, schließlich berührt die Kontrolltätigkeit der Landesmedienanstalt direkt die Interessen von RTL und privatem Rundfunk.“

Ein anderes Beispiel dafür liefert die in die Vorgänge verwickelte Landesmedienanstalt MABB. Deren Medienrat wählte im vergangenen November Eva Flecken als neue Direktorin, die das Amt nun im März von der Juristin Anja Zimmer übernehmen soll. Damit übernimmt die Medienaufsicht über den privaten Rundfunk und die Online-Medien in der Hauptstadtregion eine Managerin des Pay-TV-Senders Sky Deutschland. Flecken war laut MK schon mal bei der MABB tätig und wechselte 2014 zu Sky Deutschland. Dort ist sie noch „Vice President Public Policy, Regulatory & EU Affairs, Protection of Minors”.

Der MABB-Medienrat, der als Aufsichtsbehörde über die Personalie entschied, wird vom SPD-Landespolitiker Martin Gorholt geführt. Laut Tagesspiegel sagte Gorholt zur Wahl von Flecken: „Die Umsetzung des neuen Medienstaatsvertrages laufe gerade jetzt an.“ Aber auch mit den Themen Fehlinformationen und Fake News in der Corona-Zeit müsse die MABB „sich intensiv beschäftigen“.

Nützliche Instrumente

Schmids Vorgänger Jürgen Brautmeier äußerte sich 2017 im Zusammenhang mit der Wahl des SPD-Politikers Marc Jan Eumann zum Direktor der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz (LMK) in einem Beitrag für die MK: Die Staatsferne der Landesmedienanstalten sei „eine schöne Fiktion, die in Sonntagsreden gerne betont wurde. In der Realität konnte man eine große Politiknähe beobachten, weil Struktur, Spitzenpersonal und Aufgabenstellung der nordrhein-westfälischen Medienanstalt immer wieder parteipolitischen Interessen unterworfen wurden bzw. entsprechende Beeinflussungsversuche stattfanden.“ Anfangs habe es „vorwiegend ideologische und personalpolitische Motive für die Einflussnahme“ gegeben. Später sei es „überwiegend um Machtpolitik“ gegangen. „Und man sah die LfM als Instrument der Politik der Landesregierung, der man Aufgaben übertragen konnte, die man nicht aus dem Steueraufkommen finanzieren wollte.“ Brautmeier ist heute als Honorarprofessor für Geschichte und Medienwissenschaft an der Universität Düsseldorf tätig. Er schrieb in seinem MK-Beitrag:

„Moderne Regulierung heißt, dass der Staat die Ziele vorgibt, die zum Schutz der Nutzer und zur Gewährleistung der Meinungsvielfalt notwendig sind. Sie heißt nicht, dass der Staat bzw. die Politik sich auf diesem Weg Einfluss auf Inhalte und auf Positionen sichert.“

Die Landesmedienanstalten zeigen sich nun mit ihrem aktuellen Vorgehen gegen ausgewählte Online-Medien erneut als Instrumente der Politik.

Eine ganze Reihe von Experten haben in mehreren Analysen auf die nachweisliche Einseitigkeit der etablierten Medien, ob privat oder öffentlich-rechtlich, in der Corona-Krise aufmerksam gemacht. Der Münchner Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen warnte im vergangenen November in einem Interview mit der Bayrischen Staatszeitung davor, dass die Medien zur Spaltung der Gesellschaft beitragen: „Sie machen Einzelne für die Ausbreitung von Corona verantwortlich.“

Doch das scheint die Medienanstalten kaum zu interessieren, ebenso nicht die von dieser Entwicklung ausgehende Gefahr für die Demokratie. Statt sich um tatsächliche Medien- und Meinungsvielfalt zu kümmern, wird, so scheint es, eine Kampagne gegen regierungskritische Stimmen gestartet, unterstützt von den etablierten Medien.