"Werden sie zur Rechenschaft ziehen" – Stuttgart nach der Chaos-Nacht

Autorius: RT Šaltinis: https://deutsch.rt.com/inland/... 2020-06-22 13:58:00, skaitė 832, komentavo 0

Das zerbrochene Schaufenster eines Schuhgeschäfts am 21. Juni 2020 in Stuttgart.

In einer für Stuttgart beispiellosen Gewaltorgie ziehen Jugendliche in der Nacht zum Sonntag randalierend durch die Stadt und greifen auch Polizisten an. Die Politik ist uneins darüber, wie es dazu kommen konnte und wie eine Wiederholung verhindert werden sollte.

Die Glasscherben der zerstörten Schaufenster dürften am Montag weggekehrt sein, doch damit ist der Schaden nicht behoben: Die Aufarbeitung der Chaos-Nacht in Stuttgart vom Wochenende fängt jetzt erst an. Im Zuge der Ausschreitungen in der Nacht zum Sonntag wurden 24 Personen festgenommen, mindestens 19 Polizisten verletzt. Insgesamt sollen 400 bis 500 Menschen an den Krawallen teilgenommen haben. Vielfach wurde am Sonntag die Frage gestellt, wie es dazu kommen konnte – von Bürgern, Geschäftsinhabern, aber auch von Politik und Polizei.

Festzustehen scheint für die Polizei, dass die Randale nicht politisch motiviert war. Es seien vielmehr Menschen aus der Party- und Eventszene gewesen, die sich in den vergangenen Wochen immer wieder in der Öffentlichkeit getroffen und sich in den sozialen Medien mit ihrem Handeln inszeniert hätten. Allerdings noch nie in diesem Ausmaß. Die Polizei hat Zeugen um Mithilfe bei den Ermittlungen gebeten. Zur Aufklärung benötige man Bilder und Videos von den Straftaten und mutmaßlichen Tatverdächtigen, hieß es.

Die BILD-Zitung zitiert den Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit den Worten: "Es sieht danach aus, dass vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund vorn bei den Randalen mit dabei waren." Laut Thomas Berger, Vizechef der Polizei in Stuttgart, seien unter den 24 Festgenommenen 12 Deutsche, drei mit Migrationshintergrund. Die andere Hälfte stamme unter anderem aus Bosnien, Portugal, Iran, Irak und Afghanistan. Sie seien "aus der Partyszene", die sich seit Wochen in sozialen Medien mit aggressivem Verhalten gegen die Polizei gebrüstet haben soll.

"Wir werden mit allem, was uns der Rechtsstaat zur Verfügung stellt, diese Randalierer verfolgen und sie zur Rechenschaft ziehen", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Sonntagabend in den Tagesthemen der ARD. Er sah in den Ereignissen eine Herausforderung für den Rechtsstaat.

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) machte unter anderem Geltungsbewusstsein in den sozialen Medien als Grund für die Ausschreitungen aus. Alkoholkonsum spiele auch eine Rolle. Nach den Worten von Innenminister Strobl hat sich "die Szene im Schlossgarten" dort schon seit Längerem festgesetzt. Er forderte ein Gesamtkonzept für die Stadt Stuttgart und ein Maßnahmenbündel. "Das muss die Stadt Stuttgart lösen", betonte der Minister.

Sven Hahn, Geschäftsführer der City-Initiative Stuttgart, einem Verbund aus Händlern, Gastronomen, Hoteliers und Kulturbetrieben, plädierte für eine umfassende Analyse. "Wir müssen genau schauen, was passiert ist, wie es dazu kam und ob es dazu Aufrufe gab", sagte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Dann gelte es, sich mit Polizei und Politik sinnvoll abzustimmen, um Lösungen zu finden. "Man tut nichts Gutes, wenn man vorschnell den Finger auf jemanden richtet."

Gelegenheit zur Aufarbeitung soll eine Sondersitzung des Innenausschusses am Mittwoch im Landtag geben. Dort will die Opposition Innenminister Thomas Strobl (CDU) ausführlich zur kriminellen Gewalt und zu Maßnahmen zum Schutz von Gesellschaft und Polizei befragen. Die Polizei hat angekündigt, ihre Einsatzkräfte in den kommenden Wochen in Stuttgart zu verstärken.

Aus der Bundespolitik kommen unterdessen Forderungen nach Konsequenzen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Mathias Middelberg sagte der Welt: "Das Entstehen rechtsfreier Räume dürfen wir nicht zulassen." Die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion Irene Mihalic sagte der Zeitung: "Nun müssen akribisch alle Erkenntnisse zusammengetragen werden, damit zügig geklärt werden kann, wer dahintersteckt und wie es überhaupt dazu kommen konnte."

(rt/dpa)