Autorius: Hannes Gnauck Šaltinis: https://www.compact-online.de/... 2020-04-05 07:43:00, skaitė 1011, komentavo 0
_ von Hannes Gnauck
„Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. So wahr mir Gott helfe.“ – Als ich diesen Eid im Spätherbst 2014 in den grauen Bückeburger Nachmittagshimmel, voller Inbrunst und Überzeugung hinausschrie, erfüllte sich für mich ein Kindheitstraum: Unteroffizier im deutschen Heer. Was waren doch Mama und Papa stolz, die extra durch die halbe Bundesrepublik zu meinem Feierlichen Gelöbnis angereist waren. Und auch ich war damals stolz, es endlich geschafft zu haben.
Nachdem ich die Schule und eine Berufsausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann abgeschlossen hatte, arbeitete ich zwei Jahre in der zivilen Wirtschaft. Der Drang, meinem Land dienen zu wollen, schlummerte allerdings seit Kindheitstagen in mir. Früher, als wir im Dorf auf Bäumen tobten, liefen oft Soldaten in Marschformation an uns vorbei – wahrscheinlich Rekruten, die ihre Grundausbildung absolvierten und einen Geländemarsch durchführten. Sie hatten Tarnfarbe im Gesicht, winkten uns zu, jeder trug sein Gewehr am Mann. Ich glaube, diese Erlebnisse waren es, die in mir den Wunsch heranreifen ließen, zur Armee zu gehen. Übrigens: Soldaten in Marschformation oder bei Übungen mitten im Dorf – wo gibt es das heute noch? Die Bundeswehr hat aufgehört, ein elementar verankerter Grundstein in unserer Gesellschaft zu sein.
Als ich meinen Dienst im Oktober 2014 antrat, war, zumindest für mich, die Welt noch in Ordnung. Für acht Jahre hatte ich mich damals verpflichtet. „Gibt gut Kohle“ oder „Ist halt ein sicherer Job“ hörte ich damals vieler meiner Kameraden sagen, als wir uns an den ersten Abenden kennenlernten. Meine Motive waren allerdings ganz andere. Auf die Frage, warum ich mich bei dem „Verein“ gemeldet habe antwortete ich stets: „Weil ich meinem Volk und Vaterland dienen will.“ Auf diese, immer wieder gleiche Antwort erfuhr ich in meiner bisherigen Dienstzeit eigentlich immer nur zwei unterschiedliche Reaktionen: Während jüngere Kameraden oft in Gelächter ausbrachen, fragten länger Gediente meistens noch einmal nach, ob ich das ernst meine, brachten mir dann aber nach Bestätigung ein anerkennendes Kopfnicken entgegen.
Ich merkte allerdings schon früh, dass es in der Bundeswehr nicht so läuft, wie man es sich als junger patriotischer Mann mit Anfang Zwanzig vorstellt. Mein erster Zugführer sagte mir, dass „das Geld und die Sicherheit“ legitime Motive seien, deretwegen man sich verpflichten könne. „Du musst sie allerdings nicht gut finden.“ Genauso war es dann auch: Ich akzeptierte diese Motive meiner Kameraden, aber fand sie keinesfalls gut oder auf mich zutreffend, bis heute nicht. Von diesem Zugführer, ein Jägerfeldwebel, wie er im Buche steht, stammt übrigens auch der wohl prägendste Satz in meiner bisherigen Dienstzeit. Bei der letzten Ansprache vor unserer Vereidigung sagte er zur Formation: „Denken sie immer daran, Kameraden, das alles hier machen sie nicht für sich oder ihre Familien, sie machen das für Deutschland! Morgen, wenn die Ehrenformation einmarschiert werden sie alle stolz auf sie sein. In jedem von ihnen steckt ein Deutscher, sie müssen ihn nur rauslassen!“
Und heute? Was ist geblieben nach knapp sechs Jahren und einem Auslandseinsatz in Afghanistan? Meine Dienstzeit habe ich 2016 nochmal verlängert, insgesamt sind es nun 14 Jahre – und sogar die Laufbahn habe ich gewechselt: Ich bin mittlerweile Oberfeldwebel und diene immer noch aus großer, intrinsischer Überzeugung. Allerdings hat sich mein Bild von den Streitkräften und der Sinnhaftigkeit des Auftrags der Bundeswehr doch deutlich gewandelt. Afghanistan habe ich mitgemacht, natürlich. Die Erfahrung mit den Männern und Frauen im Einsatz will ich auch nicht missen. Die Bundeswehr gibt allerdings im Bereich Innere Führung das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform an die Soldaten weiter. Und als ein solcher hinterfrage ich natürlich auch die Sinnhaftigkeit eines solchen Einsatzes kritisch. Kommt der Marschbefehl ein weiteres Mal, werde ich meine Kameraden und meinen Dienstherrn nicht im Stich lassen. Aber fragt man mich, ob die Freiheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt werden muss so antworte ich klipp und klar: Nein!
Als Soldat, als Staatsbürger in Uniform, ja als ganz normaler Bürger, verfolgte ich schon immer mit großem Interesse das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der Welt. 2017 gab es für mich eine einschneidende Zäsur in meinem Leben: Ich nahm Verbindung mit meinem zuständigen AfD-Kreisverband auf und bat um ein Gespräch. Politisch interessiert war ich schon immer. Die Weimarer Republik, der Erste und Zweite Weltkrieg, aber auch Platon, Aristoteles und Machiavelli, das sind Epochen und Persönlichkeiten, die mich schon immer in ihren Bann zogen. Nun war es aber an der Zeit, die Klassiker der Antike zurück ins Regal zu stellen und das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen: 2018 wurde ich Mitglied in der AfD. Im Jahr darauf wurde ich bei den Brandenburger Kommunalwahlen in den Kreistag gewählt. Ich wurde Fraktionsvorsitzender der achtköpfigen AfD-Fraktion im Kreistag Uckermark. In meinem Heimatkreisverband sowie im Landesvorstand der Jungen Alternative Brandenburg bin ich Schriftführer. Ja, die Politik macht mir sehr viel Freude, auch wenn sie viel an Privatleben auffrisst.
Wie reagiert nun die Bundeswehr auf ein politisch aktives AfD-Mitglied in ihren Reihen? Zunächst einmal mit neutraler Gelassenheit, zumindest bei meinem Disziplinarvorgesetzten, der übrigens im selben Jahr wie ich geboren wurde. Ich musste diesen Schritt zum Parteibekenntnis übrigens gehen, denn im Soldatengesetz ist niedergeschrieben, dass, wenn sich ein Soldat um ein kommunales Mandat bewirbt, er dies seinem zuständigen Disziplinarvorgesetzten mitzuteilen hat. Das tat ich auch. Für welche Partei ich kandidiere, hätte ich meinem Chef nicht zwingend sagen müssen, da allerdings am nächsten Tag meine Wahlplakate aufgehängt wurden, ließ ich die Katze gleich aus dem Sack. Ich wurde über meine Rechte und Pflichten belehrt, und damit endete dieses angenehme Gespräch.
Lange Zeit blieb es dann still – bis circa vier Wochen vor meinem geplanten Auslandseinsatz in Afghanistan. Zwei nette Kameraden vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) befragten mich dann nämlich in einem etwa viereinhalbstündigen „Verhör“ zu verschiedenen Themen. Worum es in diesem Gespräch im Detail ging, möchte ich hier nicht ausführen. Ich kann nur sagen: die angenehmsten Stunden meines Lebens waren es nicht. Dennoch diene ich meinem Land weiter aus Überzeugung, ich nehme an Auslandseinsätzen teil, ich bin Patriot. Ich mache das nicht für mich oder meine Familie, ich mache das für Deutschland! Ich wünsche allen unter falschen Verdacht geratenen Kameraden alles Gute. Wir verteidigen das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes. Das haben wir geschworen – und, so wahr uns Gott helfe, wird es uns auch gelingen.