Martin Sellner stellt Ernst Jünger vor: Ein Literat in Stahlgewittern

Autorius: COMPACT-Magazin Šaltinis: https://www.compact-online.de/... 2020-03-03 09:43:00, skaitė 1221, komentavo 0

Martin Sellner stellt Ernst Jünger vor: Ein Literat in Stahlgewittern

„Wir werden alle nicht Ernst Jünger. / Es fühlt sich an wie Markus Lanz: / Und als Belohnung oder schlimmer: Nur noch Beamte oder Punks.“ – Diese Zeilen stammen aus einem 2014 erschienenen Song von Susanne Blech, einer Elektropop-Band aus dem Ruhrgebiet. Der besungene Schriftsteller hat sich in die deutsche Literaturgeschichte eingegraben wie ein Artilleriegeschütz – nicht nur mit seinem Jahrhundertwerk In Stahlgewittern.

Das 100-jährige Jubiläum, das Jüngers Stahlgewitter in diesem Jahr feiert, macht überdeutlich, welche Distanz zwischen ihm und uns liegt. Setzt man sich jedoch seinem «gefährlichen Denken» aus und wagt sich in das abwechslungsreiche Werk vor, das er uns hinterlassen hat, findet sich möglicher- weise eine geistige Brücke zum Lebensgefühl und zur Lebenskraft seiner Generation. Denn Ernst Jünger ist mehr als ein Autor. Er ist eine Jahrhundertgestalt, die wie ein Seismograf die Schwingungen der Ideengeschichte aufspürte und in klaren Linien zu Papier brachte.

Der Lebensweg Jüngers ist untrennbar mit seinem Werk verbunden: Das afrikanische Abenteuer seiner Jugend, die heroische Bewährung an der Front, die politische Agitation für den sogenannten Neuen Nationalismus, die Besatzungszeit in Paris, die Jagd nach seltenen Käfern und die apolitische Zurückgezogenheit nach dem Krieg sind jeweils Stationen einer Biografie, die parallel zu den Leitthemen sei-nes Denkens verläuft. Daniel Morat beschreibt Jünger in seinem scharfsinnigen Buch Von der Tat zur Gelassenheit als archetypisches Beispiel des aktiven, nietzscheanischen Nihilisten, dessen revolutionäre Ekstase in elegischer Gelassenheit mündet. Tatsächlich ist Nietzsche unumgänglich, um Jüngers frühes Denken zu verstehen.

Denn Nihilismus und Relativismus, die der große Philosoph vorhersah, waren schon in der Weimarer Zeit spürbar. Eine fiebrige Vergnügungssucht, die eine große epochale Langweile über- spielte, machte sich in den Großstädten breit. Bars und Bordelle schossen aus dem Boden. Eine «Jugend ohne Gott» verfiel dem Götzen des Konsums und des Geldes.

Doch nicht alle feierten diesen «Sabbat aller Sabbate» (Nietzsche) und glichen sich dem «letzten Menschen» an. Eine Gegenbewegung zu Urbanität, Dekadenz und Nihilismus kündigte sich an. Heimatliebe, Naturerlebnis, Umweltschutz, Leibesübung, körperliche Askese, geistige Ekstase, schwärmerische Romantik und soldatische Disziplin – das waren die Werte einer anderen, bündischen Jugend. Ebenso revolutionär, antikapitalistisch und anti- bürgerlich wie die Kommunisten, aber traditionellen Werten verpflichtet, wurde diese Bewegung zur Keimzelle der Konservativen Revolution.

Auch Ernst Jünger war ein Kind dieser Zeit und schlug sich auf die Seite dieses Aufbruchs. «Aufgewachsen im Geiste einer materialistischen Zeit, wob in uns allen die Sehnsucht nach dem Ungewöhnlichen, nach dem großen Erleben», schreibt Jünger über sei- ne Generation in den Stahlgewittern.

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