Autorius: RT deutsch Šaltinis: https://deutsch.rt.com/europa/... 2020-02-05 18:47:04, skaitė 986, komentavo 0
von Arkadi Shtaev
Nachdem man in Brüssel, Berlin und Wien jahrzehntelang den eigenen Kontinent durch die Brille Washingtons zu betrachten gedachte, hat die EU jetzt einen Wettlauf um die Region eröffnet. Es sieht nach dem Versuch aus, befürchteten Ambitionen in Moskau und Peking noch schnellstmöglich einen Riegel vorzuschieben. Eigene geopolitische Analysen dürften dem nicht zugrunde liegen, angesichts sonstiger Perspektivlosigkeit und fehlender eigener Visionen, welche die Außen- und Verteidigungspolitik der EU prägen.
Westen besorgt über chinesischen und russischen Einfluss in der Region
Viel eher lassen sich Vorgaben des "Großen Bruders", also der USA erahnen, um dort den massiv wachsenden chinesischen und den etwas schwächeren, aber historisch begründeten russischen Einfluss zu zügeln. Auch die Aktivitäten der Türkei und Saudi-Arabiens bereiten den Strategen der NATO offenbar Kopfzerbrechen.
Kosovo am 12. Jahrestag der Unabhängigkeit
Das Kosovo, die ehemalige serbische Provinz zwischen Albanien und Mazedonien gelegen, begeht Ende dieses Monats den 12. Jahrestag seiner "Unabhängigkeit". Ein Grund zum Feiern ist das nicht, zumindest nicht für einen Großteil der Bewohner dieses Staates.
Die Unabhängigkeit Kosovos ging aus dem Zerfallsprozess Jugoslawiens hervor, also jenes Staates, der Anfang der 1990er Jahre als multiethnische Föderation den strategischen Interessen der USA im Wege stand und daher in kleinere Staatsgebilde zerlegt wurde. Das Kosovo hingegen ist zu klein, ist damit weder lebensfähig, noch steht es auf einem tragfähigen wirtschaftspolitischen Fundament. In Washington hatte man damals das Ziel, gemäß den zweifelhaften Empfehlungen Fukuyamas, die einmalige Chance für die USA zu nutzen, um dauerhaft die westlichen Vorstellungen vom Machtgefüge dieser Welt nicht nur in Europa zu installieren. So sollte zukünftig das Entstehen eines gegnerischen Machtfaktors, wie einst die UdSSR einer war, dauerhaft verhindert werden. Die Frage, ob mit der Abspaltung Kosovos von Serbien der Zerfallsprozess des früheren Jugoslawiens beendet ist, hängt davon ab, wie sich die innenpolitische Lage im Kosovo weiter entwickelt.
Kurti propagiert eine Groß-Albanien-Ideologie
Mit der Wahl von Albin Kurti zum Ministerpräsidenten Kosovos ist diesbezüglich ein neues Kapitel eingeleitet worden. Albin Kurti, Jahrgang 1975, war seit 1997 Mitglied der Terrororganisation UÇK (der "Befreiungsarmee" des Kosovo), seit dieser Zeit auch kosovo-albanischer Studentenführer und später in den 1990er Jahren aus politischen Gründen inhaftiert. Heute ist er Parteivorsitzender der 2004 erstmals als Bürgerbewegung gebildeten kosovarischen Organisation Lëvizja Vetëvendosje! (Bewegung Selbstbestimmung!), die seit 2010 als Partei zu Wahlen antritt.
Im April 1999 wurde er während des Kosovo-Krieges von der serbischen Polizei in Pristina verhaftet und wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu 15 Jahren Haft verurteilt. Nach dem Machtwechsel in Serbien im September 2000 wurde Kurti allerdings von der neuen Regierung Serbiens am 7. Dezember 2001 auf internationalen Druck hin wieder freigelassen. Seine Partei, die er selbst eine "Bewegung" nennt, erlebte seit 2004 einen rasanten Aufschwung, was vor allem auch der Korruption und totaler Unfähigkeit der jeweiligen Regierungen und der im Parlament vertretenen Parteien in der Region zuzuschreiben ist.
Die Perspektivlosigkeit, flankiert von weit verbreiteter Armut und Arbeitslosigkeit, hat viele Kosovaren ernüchtert. Während die Kosovaren zu Zeiten Jugoslawiens weitgehende Reisefreiheit von Sizilien bis zum Nordkap genießen konnten, ist heute eine visafreie Einreise nur in die unmittelbaren Nachbarstaaten möglich. Während deutsche Medien also diesen Politiker unwissend oder schönfärberisch einen "Linksaktivisten" nennen, fordert Kurti mit seiner Partei ein Groß-Albanien, also eine Vereinigung von Kosovo und Albanien, zuzüglich des Anschlusses weiterer "albanisch" bevölkerter Regionen Mazedoniens und Serbiens. Sollte Kurti diese Zielsetzung in seinem jetzigen Amt beibehalten, dann wäre der ohnehin fragile Frieden in der Region in Gefahr – denn diese Ambitionen sind besonders für Nord-Mazedonien existenzbedrohend.
Im Kosovo sowie in dessen unmittelbarem Umfeld kreuzen sich inzwischen die geostrategischen Interessen Russlands, der Türkei und – mit bislang abnehmender Tendenz – des Westens. War der Kosovo-Feldzug nur ein Testballon, sollte der Balkan ursprünglich als Sprungbrett für eine Ausdehnung der NATO als westliches Verteidigungbündnis bis in die Weiten Zentralasiens dienen? Wenn ja, dann erweist sich heute der Balkan-Einsatz für den Westen als eine Falle, und zwar insbesondere für Europa, denn die USA sind dabei, sich in ihren globalen Prioritäten von dort zurückzuziehen. Wir in Europa aber verbleiben geografisch notgedrungen in unmittelbarer Nähe dieser früheren und nunmehr aktiv wiederbelebten Konfliktzone unseres Kontinents. Die Gespenster auf dem Balkan, von denen einst Peter Scholl-Latour treffenderweise schrieb, sind immer noch aktiv.
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