Autorius: SputnikNews Šaltinis: https://de.sputniknews.com/pol... 2020-02-05 12:28:12, skaitė 665, komentavo 0
Schon jetzt leben in Afrika über eine Milliarde Menschen. Nach UN-Prognosen soll sich die Zahl bis 2050 verdoppeln. Allein in Nigeria, in der ersten Reisestation des deutschen Entwicklungsministers, werden dann die weltweit ärmsten 400 Millionen Menschen leben. Vor der Reise sagt Müller, er wolle „das ressourcenreiche Land“ auf dem Kontinent im Agrarbereich unterstützen, diesem bei der Förderung erneuerbarer Energien und bei der Familienplanung helfen. Denn: Doppelt so viel Bevölkerung da, wo die Hälfte immer noch keinen Zugang zur Elektrizität hat, würde auch den Zuwachs an Energiebedarf bedeuten. Dazu meinte Müller noch 2018: „Wenn dieser gigantische Energiehunger mit Kohle und Öl gestillt würde, können wir unsere Klimaziele vergessen. (...) Es würde Hunger und Not und gewaltige Migrationsströme geben. Der Klimaschutz entscheidet sich in Afrika.“
Besonders ehrgeizig tritt in dieser Hinsicht Wirtschaftsminister Peter Altmaier auf. „Ich arbeite dafür, dass Deutschland bei den Wasserstofftechnologien die Nummer 1 in der Welt wird“, schrieb der CDU-Politiker kürzlich in der „FAZ“ zu der von ihm seit Monaten propagierten „Nationalen Wasserstoffstrategie“. Jedoch heißt es im Strategieentwurf, dass Deutschland einen Großteil des künftigen Bedarfs an CO2-freiem bzw. CO2-neutralem Wasserstoff importieren müsse.
Ein weiterer Anlass für Politiker wie etwa Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, um auf Afrika zu setzen. Sie träumt vom „afrikanischen Wasserstoff als Stoff der Zukunft“; Deutschland solle in Nordafrika die Technik aufbauen, die man zur Erzeugung von Wasserstoff benötigt, und diese dann zurück nach Deutschland liefern lassen. Man sei bereits mit mehreren afrikanischen Staaten, aber auch mit Australien im Gespräch, sagte Karliczek im „Spiegel“. Argumente? Man habe da genug Sonne, um zu günstigen Konditionen zu produzieren. Der Wasserstoff könne etwa in Form von Ammoniak per Schiff nach Europa transportiert werden. Fragen zu den Kosten der Transporte werden bisher nicht gestellt. Deutsche Technologien sind aber bereits gefragt.
In Ägypten, wo Müller zum Ende seiner Reise ankommt, gibt es schon einen der weltweit größten Solarparks sowie den Assuan-Staudamm, dessen Turbinen mit deutscher Unterstützung renoviert werden. „Das Wasserkraftwerk am Assuan-Staudamm schafft nicht nur Jobs, sondern auch grüne Energie – mit deutschem Know-how“, freute sich seinerseits Müller.
Das Beispiel von Togo zeigt jedoch, wie weit man noch von der „Rettung“ deutscher Klimaziele entfernt ist. Denn das Land ist selbst auf Energieimporte angewiesen. So lobt eine „Welt“-Reportage zwar die durch die EU finanzierten Solarzellen, die einem Krankenhaus samt vielen Haushalten in Togo den Zugang zum Akku-Strom ermöglichen. Dass die Deutschen im Bereich der erneuerbaren Energien weit vorn sind, weiß man laut der Geschäftsführerin des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft, Claudia Voss, „in Togo wie in ganz Afrika“. Es ist in erster Linie Togo, das sich eine intensivere Zusammenarbeit mit Deutschland in allen Bereichen wünscht und um deutsche Investitionen wirbt. Bei einem durchschnittlichen Gehalt von etwa 70 Euro liegen aber die Stromkosten für einen Haushalt bei sieben Euro – und stellen das Interesse der EU-Unternehmen ohne EU-Subventionen in Frage. Die Konkurrenz durch die fossilen Energiequellen bleibt dagegen stark. In Südafrika, wo Merkel ihrerseits am Donnerstag ankommt, stammen 90 Prozent des Stroms jedoch noch aus der Kohle.
Zwar fordert der Vorsitzende der Parlamentariergruppe südliches Afrika, Martin Rabanus (SPD), Deutschland auf, Südafrikas Kohlekraftwerke mit modernster Filtertechnik auszurüsten, statt es zu belehren, man müsse ganz schnell aus der Kohle heraus. Denn auf der anderen Seite sind chinesische Unternehmen da, die sich in in zahlreichen afrikanischen Staaten wie Südafrika, Kenia, Tansania, Elfenbeinküste und Simbabwe für mehr Kohleprojekte engagieren – gegen den grünen deutschen Ehrgeiz.
Laut Merkel hat sich die Zahl der in Europa ankommenden Mittelmeer-Flüchtlinge in den letzten Jahren erheblich reduziert. Dies hat sie zumindest auf der Pressekonferenz mit Sebastian Kurz behauptet. Doch die Bundespolizei will nichts davon wissen und verweist auf die täglich nach Deutschland kommenden 450 Flüchtlinge, unter anderem aus den Ländern Zentral- und Westafrikas. Im Polizeipodcast „Funkdisziplin“ redet der Chef der Bundespolizei, Dieter Romann, von einer „ernst zu nehmenden grenzpolizeilichen Situation“. Die Migrationszahlen, die Asylzahlen sowie die Zahlen der unerlaubten Einreisen in die EU würden deutlich aufzeigen, dass man keinen sicheren Schengen-Außengrenzschutz habe, so Romann.
Eine EU-relevante Lösung steht noch aus. Für die Rettung der Mittelmeer-Flüchtlinge wirbt Merkel um die Wiederaufnahme der UN-Mittelmeermission „Sophia“, erwähnt aber nicht, wo die Geretteten dann hinmüssen. Noch werden die meisten in Europa geduldet. Doch auch hier dreht sich der Wind im Stil eines Sebastian Kurz, der heute gegen die Schlepper kämpfen und die Geretteten direkt ins Herkunfts- oder Transitland zurückbringen will.
So empfiehlt Nooke, der Afrikabeauftragte Merkels, im Gespräch mit Steingart zwar eine Seenotrettung der Flüchtlinge, rät aber dringend ab, die geborgenen Menschen nach Europa zu bringen. „Das Problem der Seenotrettung im Mittelmeer ist doch, dass alle nach Europa gebracht werden. Warum werden die nicht nach Afrika zurückgebracht? Dann würde das doch sofort anders laufen“, meint er. Auch ein Blick auf die westliche und zentrale Mittelmeerroute zeigt: Die meisten von ihnen kommen nicht aus Kriegsgebieten wie Libyen, sondern fliehen aus Tunesien, Sudan oder Marokko vor den erbärmlichen Lebensbedingungen.
Nummer eins der afrikanischen Fluchtländer nach Deutschland bleibt laut Gerd Müller doch das ärmste Nigeria – auch wegen des Terrors seitens der islamistischen terroristischen Gruppierung von Boko Haram. Über zwei Millionen Menschen sollen von ihr schon vertrieben worden sein. Für Entwicklungsminister Müller ist klar: Die Menschen brauchen Sicherheit, Ausbildung und Jobs vor Ort – und dafür deutsche Hilfe. Alles gut, wäre die Korruption nicht da. Nach eigenen Angaben verliert Afrika jedes Jahr schätzungsweise knapp 135 Milliarden Euro durch Korruption und weitere 60 Milliarden Dollar durch illegale Finanzströme. Zum Vergleich: Deutschlands Entwicklungsetat betrug 2019 lediglich 10,8 Milliarden Euro.